Die Sozialdemokraten stören sich an der Macht der grossen Pharmakonzerne. Mehr und mehr würden sie von den Finanzmärkten dominiert, heisst es in einem SP-Positionspapier. Die Gewinnmaximierung stehe im Zentrum. Co-Präsidentin Mattea Meyer sagte am Parteitag, die Schweiz müsse aus dieser Abhängigkeit herauskommen.
«Pharmakonzerne sind in einem Bereich tätig, wo wir extrem verletzlich sind, weil es um unsere Gesundheit geht. Und das können sie sich zunutze machen», so Meyer. «Sie können horrende Preise verlangen für Medikamente. Sie können entscheiden, welche Medikamente entwickelt werden und welche nicht.» Nicht rentable, aber wichtige Medikamente würden so teils vernachlässigt, etwa Antibiotika.
Öffentliche Hand soll selber Medikamente herstellen
Die SP fordert daher eine sogenannte «Public Pharmastrategie». Die öffentliche Hand solle selbst Medikamente entwickeln, herstellen und verkaufen. In der Schweiz stellen schon heute die Armee-Apotheke und einige Kantons- und Spitalapotheken selber Medikamente her.
Die Investition in eine öffentliche Sandoz würde die Abhängigkeit reduzieren.
Doch das reicht der SP nicht. Sie verlangt, dass der Bund die Generikafirma Sandoz aufkauft, sie in eine gemeinnützige Trägerschaft überführt und im grossen Stil selber Medikamente herstellt.
Generika seien wichtig für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, so Meyer. «Die Investition in eine öffentliche Sandoz würde die Abhängigkeit reduzieren. Sie würde Versorgungssicherheit schaffen und hätte nicht mehr die Profitmaximierung zum Ziel, sondern die Gesundheit von uns allen.»
Kopfschütteln in den wirtschaftsliberalen Kreisen
Sandoz hat einen Marktpreis von ungefähr 15 Milliarden Franken. Finanziert werden soll der Kauf über ein zinsloses Darlehen der Schweizerischen Nationalbank.
Politisch hat die Forderung nach dem Kauf von Sandoz durch den Bund kaum Chancen. In wirtschaftsliberalen Kreisen sorgt sie bereits für Kopfschütteln. Lukas Schmid, Ökonom bei der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse, sagt, die Forderung sei illusorisch. Eine solche Verstaatlichung wäre seiner Meinung nach schädlich für die Volkswirtschaft.
Die Problematik der Engpässe ist eng verknüpft mit dem Ausland und der Tatsache, dass gewisse Rohstoffe nur an wenigen Orten produziert werden.
Gemäss Schmid würde der Kauf von Sandoz durch den Bund den Medikamentenmangel nicht beheben. «Denn eine bundeseigene Sandoz müsste ihre Rohstoffe weiterhin im Ausland beziehen. Und die Problematik der Engpässe ist eng verknüpft mit dem Ausland und der Tatsache, dass gewisse Rohstoffe nur an wenigen Orten produziert werden.»
SP generiert mit Forderung Aufmerksamkeit
Kritik an der Forderung gab es auch aus den eigenen Reihen. Zwei Anträge verlangten, dass die Forderung nach dem Kauf von Sandoz aus dem Positionspapier gestrichen wird. Als Grund wurde aufgeführt, dass der Bund einen überteuerten Preis für die Generikafirma zahlen müsste. Die Anträge blieben aber chancenlos.
Mattea Meyer sagte zur Kritik: «Ich glaube, es wäre übertrieben zu sagen, dass eine einzige Massnahme reicht, um die Arzneimittelkrise zu lösen. Aber es ist ein konkreter Ansatz, um die Abhängigkeit zumindest etwas zu reduzieren.»
Mit der Forderung nach einer Verstaatlichung von Sandoz generiert die SP Aufmerksamkeit. Die Partei will damit wohl vor allem einen lauten Startschuss setzen für eine Diskussion um mehr staatliche Eingriffe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten.