- Die Genfer Justiz hat den Islamwissenschaftler Tariq Ramadan wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
- Ein Jahr davon muss er ins Gefängnis, wie das Genfer Appellationsgericht mitteilte.
- Im Mai 2023 hatte ihn das Genfer Strafgericht wegen dieser Vorwürfe noch freigesprochen.
- Seine Anwälte kündigen an, dass Ramadan das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen wird.
Die Genfer Richter sind der Ansicht, dass Ramadan in einer Nacht im Oktober 2008 im Zimmer eines Genfer Hotels eine Frau tatsächlich sexuell missbraucht hat. Der Islamwissenschaftler hat diese Anschuldigungen stets zurückgewiesen.
In seiner Medienmitteilung erklärt der Gerichtshof, dass die Berufungs- und Revisionsstrafkammer festgehalten habe, dass mehrere Zeugenaussagen, Bescheinigungen, medizinische Notizen und Gutachten von privaten Sachverständigen mit den von der Klägerin angezeigten Tatsachen übereinstimmen würden. Gegen dieses neue Urteil kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht Berufung eingelegt werden.
Angst und Albträume
In der ersten Instanz hatte das Opfer gesagt, dass sie während der Nacht, die sie mit Ramadan in einem Hotel verbracht habe, Angst gehabt habe, durch die Schläge von ihm zu sterben. Sie erklärte, dass der Islamwissenschaftler sie auf das Bett geworfen, sich rittlings auf sie gesetzt und ihr ins Gesicht geschlagen habe.
In der Berufungsverhandlung gab die Frau an, dass die von ihr erlittene Gewalt ihre Beziehung zu anderen Menschen erschüttert habe. «Ich schäme mich, verliere mein Selbstvertrauen und habe Albträume», sagte sie. Das Opfer hatte auch zugegeben, dass sie Ramadan bewundert und ihm eine Zeit lang «zwanghaft» geschrieben habe.
Ramadan will vors Bundesgericht
Vor der Berufungs- und Revisionsstrafkammer bestritt Ramadan die von der heute 58-jährigen Frau gegen ihn erhobenen Anschuldigungen energisch. Er behauptete, nie eine sexuelle Beziehung zu ihr gehabt zu haben. «Ich bin absolut unschuldig an allem, was gesagt wird und an allem, was behauptet wird, dass ich getan haben könnte», betonte er.
Der Islamwissenschaftler erklärte, dass er in sozialen Netzwerken von der Frau angesprochen worden sei, die sich «extrem unternehmungslustig» gezeigt habe. Er sei neugierig geworden und habe ihr ein Treffen vorgeschlagen. Als er sich mit ihr im Hotel befunden habe, habe er sich wie in einer Falle gefühlt, sagte er.
Nach dem neuen Urteil haben seine Anwälte Yaël Hayat und Guerric Canonica nun in einer Erklärung gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bekannt gegeben, dass Ramadan das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen will.