Das Wichtigste in Kürze
- Die Ticketbörse Viagogo gerät unter Druck: Weltweit mehren sich die Klagen gegen das undurchsichtige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz.
- Die Vorwürfe reichen von Wucher über Irreführung bis zu illegalem Wiederverkauf von Tickets.
- Vor allem in Europa gehen immer mehr Behörden juristisch gegen das Unternehmen vor. Und auch Künstler gehen auf die Barrikaden.
- Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» hat Viagogo um eine Stellungnahme zur steigenden Zahl von Klagen gebeten. Das Unternehmen hat nicht reagiert.
Die Ticketbörse Viagogo ist nicht nur in der Schweiz ein grosser Ärger für Konsumentinnen und Konsumenten. Weltweit zieht das Unternehmen mit Sitz in Genf seit Jahren Musik-, Sport- und Kulturfans über den Tisch. Völlig überrissene Gebühren, ungültige oder falsche Tickets, keine Transparenz über die Originalpreise… die Negativ-Schlagzeilen reissen nicht ab. So erhielten etwa jüngst viele hundert Viagogo-Kunden keinen Einlass zu den beiden Konzerten des britischen Musikers Ed Sheeran in Zürich, da die personalisierten Tickets nicht auf sie ausgestellt waren.
Das Gebaren von Viagogo bleibt nicht ohne Folgen: In der Schweiz ist seit Herbst 2017 eine Klage des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hängig. Und auch die Westschweizer Konsumentenorganisation FRC hat gegen Viagogo geklagt. Aber auch in anderen Ländern gehen immer mehr Behörden und Organisationen juristisch gegen das Unternehmen vor.
Hier eine detaillierte Übersicht:
Fifa: erste Anhörungen im September
Prominentestes Beispiel ist der Weltfussballverband Fifa mit Sitz in Zürich. Weil Viagogo Billette für die Fussballweltmeisterschaft 2018 verkauft hatte, reichte die Fifa am 4. Juni 2018 bei der Staatsanwaltschaft in Genf Strafanzeige gegen das Unternehmen ein, wegen Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Fifa wirft Viagogo täuschendes Geschäftsverhalten vor.
Auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» teilt die Fifa mit, dass im September erste Anhörungen in dem Verfahren geplant seien.
Konsumentenschützer gegen Ticket-Gauner
Wie in der Westschweiz sind auch in Deutschland und Australien Konsumentenschutz-Organisationen aktiv geworden im Kampf gegen Viagogo. Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Bayern etwa hat Klage vor dem Landgericht München eingereicht gegen Viagogo wegen intransparenter Ticketpreise und nutzloser Garantien. Die Leiterin des Marktwächter-Teams sagt zu «Espresso», es sei schwierig, das Verfahren zügig voranzubringen, da Viagogo den Sitz in der Schweiz habe. Man sei im Moment im schriftlichen Austausch der Argumente.
Auch die australische Konsumentenschutz-Organisation ACCC wirft Viagogo intransparente Preise vor. Das Unternehmen habe gegen australisches Konsumenten-Recht verstossen. Unter anderem täusche Viagogo vor, für bestimmte Veranstaltungen seien nur noch sehr wenige Tickets verfügbar (Verknappung). Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, könne man über den aktuellen Stand der Klage keine Auskunft geben, teilt die ACCC auf Anfrage von SRF mit.
Künstler-Duo hofft auf baldigen Entscheid
In Österreich klagte das Kabarett-Duo Viktor Gernot und Monika Gruber Ende 2017 zusammen mit der Veranstaltungsagentur Stage OG gegen Viagogo. Die Klage steht laut dem verantwortlichen Rechtsanwalt kurz vor Abschluss und dürfte zugunsten der Kabarettisten ausfallen. In diesem Fall würde er Schritte einleiten, um die Website von Viagogo in Österreich zu pfänden, was einer Sperrung der Seite gleichkommen würde.
«Espresso» hat Viagogo die Gelegenheit gegeben, sich zur steigenden Anzahl von Klagen zu äussern. Das Unternehmen hat – wie schon auf viele Anfragen zuvor – nicht reagiert.