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Wegwerf-Schulfotos? Eltern kritisieren Klassenfoto-Produktion auf Vorrat

Klassenfotos sind kostbare Andenken an die Schulzeit. Eltern kritisieren, dass schon vor der Bestellung produziert wird.

Freudenstrahlend kommt das Schulkind nach Hause und erklärt den Eltern: «Der Fotograf kommt!» Dann ziehen die Kinder ihre Lieblingskleider an, werden schön gekämmt und lachen bald in die Linse der Fotografin.

Kurz darauf erhalten sie ein Paket in die Hand gedrückt, mit dem sie die Eltern überraschen: Klassenfotos im Quer- und Hochformat, Einzelportraits, Klebeetiketten, eine Mausmatte, auf der das Kind lacht… Was man nicht will, gibt man dem Kind wieder mit. Bezahlt wird nur, was bestellt wird. Und der ganze Rest – landet im Müll.

Umstrittene Foto-Sets

Immer wieder melden sich Eltern beim Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1, die dieses Geschäftsmodell als unökologisch und nicht nachhaltig empfinden.

Ein schlechtes Beispiel für die Kleinen sei das, denen man sonst einen möglichst sorgfältigen Umgang mit Sachen predige. Und der emotionale Druck auf die Eltern sei gross, denn wer möchte schon etwas in den Müll schicken, wo sein lachendes Kind darauf abgebildet ist?

Hart umkämpftes Geschäft

Das Geschäft mit den Klassenfotos ist hart umkämpft. Lokale Fotostudios, schweizweit tätige Unternehmen und auch Firmen aus dem Ausland buhlen um die Gunst der Schulleitungen und Lehrpersonen. Diese entscheiden, wer die Fotos machen darf. Dafür locken dann auch Geschenke, das Portraitfoto und Klassenposter ist für die Lehrperson gratis. Es wurden auch schon Beamer für das Klassenzimmer versprochen.

Gegenüber «Espresso» betonen die angefragten Klassenfoto-Unternehmen, dass die Bedürfnisse unterschiedlich seien. «Viele Eltern schätzen nach wie vor, wenn sie die fertigen Fotoprodukte in den Händen halten können und sich erst dann über den Kauf entscheiden müssen», sagt Claudio Polinelli, Co-Geschäftsleiter der Creative Foto AG in Hildisrieden LU.

Polinelli beziffert den Anteil der Fotos und Fotoprodukte, die ungenutzt entsorgt werden müssen, auf 20 Prozent.

Die Lösung: Online-Bestellung

Die Creative Foto AG bietet seit einigen Jahren eine digitale Lösung an, wo dem Kind statt einer Set-Mappe nur ein Online-Code abgegeben wird. Mit diesem können die Produkte online angeschaut und bestellt werden.

Ein anderes, alt eingesessenes und unter anderem auf Klassenfotos spezialisiertes Unternehmen hat schon konsequent umgestellt: Foto Bachmann in Aadorf gibt Set-Mappen nur noch dort ab, wo eine Klassenlehrperson dies ausdrücklich wünscht.

Digital-Bestellungen seien bei ihnen unterdessen Standard, sagt Christian Bachmann und gibt zu: «Die Foto-Sets erfüllten denselben Zweck, wie die Schleckstängel bei der Kasse im Supermarkt. Das verhalf uns sicher zu zusätzlichen Einnahmen.» Erst seit fast alle Kunden digital vernetzt seien, lohne sich aber die Umstellung. So müsse man nun nicht mehr «für den Kübel» produzieren, freut sich Christian Bachmann.

Mit dem persönlichen Online-Code lassen sich die Fotos des Kindes ein Jahr lang anschauen und bestellen. Sets können individuell zusammengestellt werden. In der Oberstufe, wo Fotos für Bewerbungsunterlagen gemacht werden, können diese gegen Vorkasse auch direkt heruntergeladen werden.

Es scheint klar: Die Zukunft gehört der digitalen Klassenfoto-Bestellung. Die Zeit, der auf Vorrat produzierten Fotoprodukte, läuft ab.

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