Wer keine Werbung per Post erhalten möchte, kann heute auf dem Briefkasten einen «Stopp Werbung»-Kleber anbringen und schon kommt keine Streuwerbung mehr. Dieses System möchte die Grünliberale Nationalrätin Katja Christ aus Basel umkehren. Statt dass jeder Haushalt explizit «Nein» zu Werbung sagen müsse, will sie, dass Haushalte ausdrücklich «Ja» dazu sagen müssen.
Wer also nichts unternimmt, bekommt automatisch auch keine unadressierte Werbung mehr. «Nachforschungen haben ergeben, dass über die Hälfte unadressierter Werbesendungen gar nicht erst angeschaut wird, sondern direkt im Müll landet», sagt Christ. Solche Abfallberge gelte es zu vermeiden.
Amsterdam spart so Altpapier
Unterstützung bekommt Christ von der Stiftung für Konsumentenschutz. Christs Vorschlag sei konsumentenfreundlicher als die heutigen «Stopp Werbung»-Kleber, sagt Josianne Walpen. Schliesslich müsse man bei elektronischer Werbung, etwa bei Werbung per SMS oder Mail, auch immer zuerst ausdrücklich einverstanden sein.
Da sei es nicht mehr als konsequent, dass das gleiche Prinzip auch beim Briefkasten gelte. Gemäss Walpen hat die Stadt Amsterdam bereits vor ein paar Jahren auf genau diese sogenannte Opt-in-Lösung umgestellt und so 34 Kilogramm Altpapier pro Haushalt eingespart.
Weniger Altpapier hin oder her: Für die Gewerkschaft Transfair, die sich selbst als Personalverband bezeichnet, kein guter Vorschlag. Das heutige System funktioniere gut. Wer keine Werbung wolle, könne ja einen Stopp-Kleber am Briefkasten anbringen, sagt Kerstin Büchel von Transfair.
Wenn das System aber umgestellt würde, müssten 4000 Personen um ihren Job fürchten. «Ein Job, der ein ohnehin geringes Einkommen oder eine ohnehin geringe Rente ein wenig aufbessert», sagt Büchel.
Post finanziert mit Werbung Briefversand
Unterstützung bekommt die Gewerkschaft von der Post. Der gelbe Riese betont, dass bis zu tausend Vollzeitstellen gefährdet seien, sollte Christs Vorschlag im Parlament durchkommen. Nicht adressierte Werbung sei für die Post wichtig, denn damit könne sie kompensieren, dass immer weniger Briefe verschickt werden, also auch dank Werbung ihren Grundauftrag finanzieren.
Inzwischen sei die Hälfte aller Briefe unadressierte Werbung. Und solche Werbung sei gerade für KMU, trotz wachsender Online-Werbung, immer noch eine ganz wichtige Möglichkeit, potenzielle Kundinnen und Kunden zu erreichen.
Der Nationalrat hat den Vorstoss von Katja Christ bereits im Frühling mit 96 gegen 85 Stimmen gutgeheissen. Zum Durchbruch verhalfen ihr die Fraktionen von Grünen und SP, die fast geschlossenen dafür stimmten, und der grössere Teil der Mitte-EVP-Fraktion. Dagegen sprachen sich SVP und FDP aus. Als Nächstes diskutiert jetzt der Ständerat über ihre Motion.