Nach dem Sozialausbau ist für die SP vor dem Sozialausbau. Nach dem Erfolg der Gewerkschaftsinitiative für die 13. AHV-Monatsrente hat die Partei gleich drei weitere Initiativen am Start: Die Prämienentlastungsinitiative baut die staatliche Krankenkassen-Prämienverbilligung massiv aus. Die Kita-Initiative würde mehr Subventionen für die Kinderbetreuung bringen. Und die Klimafonds-Initiative verlangt Milliardensummen für den Klimaschutz.
«Der Staat hat das Geld»
Das Preisschild der SP-Forderungen ist schwindelerregend: Aufsummiert würden sie Jahr für Jahr mindestens zehn Milliarden Franken kosten. Für SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist das kein Problem – er nimmt zusätzliche Schulden in Kauf: «Der Staat hat dieses Geld. Wir gehören zu den Ländern mit den tiefsten Schuldenquoten.» Jede Investition in die Kaufkraft oder die Verbesserung der Infrastruktur bringe langfristig neue Steuereinnahmen. Die Schweiz solle nicht mehr ihre Schulden in Franken und Rappen stabil halten, sondern bloss die sogenannte Schuldenquote.
Wenn wir heute Investitionen tätigen, von denen auch künftige Generationen profitieren, dann sollen diese auch mitzahlen.
Konkret würde das heissen, dass die Schulden im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum mitwachsen dürften. Wermuth räumt ein, dass dies eine zusätzliche Belastung für die künftigen Generationen bedeuten könne. Das sei aber gerechtfertigt: «Wenn wir heute Investitionen tätigen, von denen auch künftige Generationen profitieren, dann sollen diese auch mitzahlen.»
Armeefinanzen als Hebel gegen Schuldenbremse?
Neue Staatsaufgaben über neue Schulden finanzieren und dafür die Schuldenbremse aufweichen: Dieses Rezept ist nicht neu, ist aber zuletzt im Herbst im Nationalrat gescheitert. Doch SP-Co-Präsident Wermuth setzt darauf, dass die Schuldenbremse auch für die Bürgerlichen und ihre Pläne allmählich zum Problem wird.
Tatsächlich hat Finanzministerin Karin Keller-Sutter jüngst gewarnt: Die geplanten höheren Armeeausgaben seien in vier Jahren bereits nicht mehr finanzierbar. Deshalb hatte vor wenigen Monaten der einflussreiche SVP-Ständerat und Sicherheitspolitiker Werner Salzmann vorgeschlagen, den zusätzlichen Rüstungsbedarf der Armee von der Schuldenbremse auszunehmen.
Parteien bereits im Gespräch
Nun erhält er unerwartet Unterstützung durch den SP-Co-Präsidenten: «Wir sind einverstanden», sagt Cédric Wermuth: «Die Aufstockung des Armeebudgets ist beschlossen. Ich bin bereit, die Schuldenbremse so zu lockern, dass wir das Anliegen unterbringen können.»
Hinter Wermuths Ankündigung dürfte das Kalkül stecken, neben der Armee auch andere Aufgaben an der Schuldenbremse vorbeizuschleusen – zum Beispiel die Wiederaufbauhilfe für die Ukraine oder die Sozialhilfe für ukrainische Flüchtlinge. Hinter den Kulissen würden Gespräche laufen, sagt Wermuth: «Es gibt Ideen und Gespräche zwischen den Bundesratsparteien – das Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss, ist gross.» Allerdings gebe es noch keine Einigung.
Verteilkampf beginnt
Im Herbst beginnt im Bundeshaus die Debatte über das Budget fürs nächste Jahr. Um die Schuldenbremse einzuhalten, will der Bundesrat unter anderem bei Landwirtschaft, Bildung und Kultur sparen. Zudem will er bis in drei Jahren jährlich drei zusätzliche Milliarden Franken einsparen.
Kurz: Es zeichnen sich heftige Verteilkämpfe ab. Genau das macht Cédric Wermuth zuversichtlich: «Die Schuldenbremse wird in dieser Form nicht mehr lange überleben», sagt der SP-Co-Präsident.