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Widerstand gegen Windkraft Kampf um Windräder: Energiekonzern will Bauern enteignen

Der Stromkonzern BKW geht mit Enteignungsverfahren gegen Bauern im Berner Jura vor. Drei Landwirte wehren sich bei Tramelan gegen den Bau eines Windparks.

«Schauen Sie mal, so nah an meinen Kühen durch wollen sie die Leitung ziehen!» Bauer M. ist aufgebracht. Direkt vor seiner Scheune mit 40 Milchkühen will die BKW ein Kabel mit 16-Kilovolt Spannung in den Boden legen. Der Bauer befürchtet sogenannte Kriechströme, unkontrollierbare Elektrizität, die auf seinen Kuhstall übergreifen könnte – nebst allen anderen Effekten, die er Windrädern zuschreibt: Lärm, Eiswurf, tote Tiere und Insekten, Entwertung der Liegenschaft mitsamt Ferienwohnung.

Er wohnt oberhalb des Dorfes Tramelan im Berner Jura. Die BKW plant hier seit über 10 Jahren einen Windpark. Gleich lange bekämpft der Landwirt dieses Vorhaben. Doch die BKW braucht vom Bauern Weg- und Leitungsrechte, um die Windräder zu bauen und den Strom abzutransportieren.

Der Windpark «Montagne de Tramelan»

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2014 hat die BKW ein Baugesuch für den Park eingegeben. Damals waren schon Jahre der Planung verstrichen. 2015 hat es an der Gemeindeversammlung ein Ja zum Bauvorhaben gegeben. Die Gegner, organisiert in einem Verein, bekämpften das Projekt bis vor Bundesgericht.

Doch Ende 2023 haben die obersten Richter sämtliche Beschwerden abgewiesen. Das Baugesuch für den Park mit sechs Windrädern: rechtens. Auch rechtens wäre laut Bundesgericht ein Mindestabstand von 500 Metern zwischen Turbinen und Wohnhäusern, dem die Gemeinde Tramelan 2015 ebenfalls zugestimmt hat. Doch der gilt ganz zum Ärger der Gegner nicht, laut Gemeinde, weil der Windpark schon vor der Abstimmung geplant gewesen sei.

BKW: «Enteignung ist nicht unser Stil»

Die BKW will in Tramelan nun vorwärts machen. Konzernleiter Robert Itschner spricht von einem «Leuchtturmprojekt». Die rechtskräftige Baubewilligung liegt seit einem Bundesgerichtsentscheid von 2023 vor, die Turbinen sind gekauft.

Den letzten Widerstand der gegnerischen Landbesitzer will der Konzern nun mittels Enteignungsverfahren brechen. «Das ist nicht der BKW-Stil», betont Itschner. Bei Netzausbauten einige man sich jedes Jahr mit vielen Landbesitzern gütlich. «Aber in Tramelan hat sich einfach nichts bewegt, auch nach langen Verhandlungen nicht.» Die Gegner hätten die Mitsprachemöglichkeiten nicht genutzt. Daher jetzt der Rechtsweg, so Itschner.

Vor ein paar Wochen haben Bauer M. und zwei weitere Landbesitzer nun einen eingeschriebenen Brief von der BKW erhalten. Sie können ihr Land behalten, aber die Weg- und Durchleitungsrechte für den Windpark müssten sie der BKW und der Gemeinde Tramelan abtreten, steht da drin. «Gräbli auf, Kabel rein, Gräbli wieder zu, ein minimaler Eingriff», formuliert es Konzernchef Itschner.

Bauer M.: «Hammermethode»

Für Bauer M. ist das Enteignungsverfahren ein Schock. «Das ist eine Hammermethode, brutal.» Er habe Forderungen gestellt, aber auf die sei die BKW nicht eingetreten. Stattdessen sei die Androhung des Verfahrens gekommen.

Die Windkraftgegner in Tramelan haben einen prominenten Fürsprecher: SVP-Nationalrat Thomas Knutti hilft ihnen in den Verhandlungen. Er will solche Enteignungsverfahren für die Windkraft künftig verunmöglichen, mittels eines Vorstosses im Parlament: «Ich verlange vom Bundesrat, dass er die Stromkonzerne auffordert, etwas humaner umzugehen mit diesen Leuten.» Es sei absurd, dass die BKW hier mit einem Enteignungsverfahren drohe.

BKW sieht Raum für Verhandlungen

Rechtsverfahren, die auf Enteignungsgesetzen basierten, seien aber nötig, so BKW-Chef Robert Itschner. Die Schweiz habe dem Stromgesetz und damit den erneuerbaren Energien zugestimmt. «Da braucht es Möglichkeiten, solche Infrastruktur zum Durchbruch zu bringen.»

Der BKW-Konzernleiter will sich weiteren Verhandlungen mit Bauer M. nicht verschliessen. Aber die vom Bundesgericht abgesegnete Baubewilligung sei nun mal fix und setze auch Grenzen, was die Leitungsführung betrifft.

Die Befürworter

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Nebst den Gegnern des Windparks hat es in Tramelan auch viele Befürworter. Mehrere Bauern und Landbesitzer akzeptieren auf ihren Äckern eine oder mehrere Turbinen. Zum Beispiel Peter Scheidegger. Er findet, man müsse die Windräder dort bauen, wo es Wind hat, und nicht dort, wo sie niemanden störten. Schön finde er sie auch nicht, aber als Stromquelle alleweil besser als Atomkraftwerke, sagt er. Er verdient mit dem einen Rad auf seinem Acker auch etwas Geld.

SRF-Rundschau vom 15. Januar 2025, 20.05 Uhr

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