Die Wintersession war erst zwei Tage alt, da zog das Parlament schon den Volkszorn auf sich: Eine Blasmusik aus der Innerschweizer Heimat spielte für den neuen Ständeratspräsidenten Alex Kuprecht – und im Nationalrat wurde zum 70. Geburtstag von Bundesrat Ueli Maurer fröhlich «Happy Birthday» gesungen. Obwohl das Bundesamt für Gesundheit explizit davon abrät, zu singen und Blasinstrumente zu spielen.
Corona-Hilfsmassnahmen im Fokus
Doch auch inhaltlich beschäftigten die Coronakrise und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft das Parlament. Und das in ungewohnt hohem Tempo. Zu Beginn der Session beugten sich die Räte über dringliche bundesrätliche Vorschläge zur Ausweitung des Covid-19-Gesetzes: Die Kurzarbeit sollte wieder erweitert werden, die Sportklubs bis zu 115 Millionen Franken à fonds perdu erhalten. Und um stark betroffenen Unternehmen unter die Arme zu greifen, sollte die Härtefallhilfe von 400 Millionen auf 1 Milliarde Franken aufgestockt werden.
Keine zwei Wochen später waren die Änderungen, zumindest bei den Härtefällen, bereits wieder überholt: Finanzminister Ueli Maurer beantragte nun eine weitere Aufstockung um 1.5 Milliarden Franken. Innert weniger Tage gaben die Räte dafür ihren Segen.
Erst am zweitletzten Sessionstag einigten sich National- und Ständerat jedoch auf die letzten Details im Covid-19-Gesetz – quasi in letzter Minute. Sie beschlossen zudem, dass Personen mit tiefen Löhnen in Kurzarbeit vorübergehend 100 Prozent ihres Lohns statt nur 80 Prozent bekommen. Noch zu Beginn der Session war dieser Vorschlag klar abgeschmettert worden.
Online Abstimmen: technologische Revolution – aber nur im Nationalrat
Um handlungsfähig zu bleiben, wenn Ratsmitglieder wegen einer Corona-Infektion oder angeordneter Quarantäne zu Hause bleiben müssen, stimmte das Parlament einer historischen Neuerung zu: Betroffene Nationalräte dürfen von zu Hause aus abstimmen. Das Gesetz trat per Dringlichkeitsbeschluss in Kraft. Bereits in der letzten Sessionswoche nahmen mit Beat Walti und Sophie Michaud Gigon zwei Nationalratsmitglieder die neue Möglichkeit wahr. Der Ständerat, wo konservativere Gepflogenheiten gelten, wollte keine analoge Regelung.
Die öffentliche Aufmerksamkeit drehte sich während der drei Sessionswochen zunehmend um die steigenden Fallzahlen. Und darum, ob diese mit schärferen Massnahmen bekämpft werden sollen. Da liess es sich der Nationalrat nicht nehmen, zumindest ein unverbindliches Wörtchen mitzureden. In einem eher ungewöhnlichen Eilmanöver verabschiedete eine bürgerliche Allianz am Donnerstag der ersten Sessionswoche eine Erklärung an den Bundesrat. Darin forderte sie ihn dazu auf, keine allzu strengen Vorschriften für den Wintersport zu erlassen. Mit Erfolg: Am Freitag wurde keine generelle Kapazitätsbeschränkung für die Skigebiete verhängt.
Am letzten Sessionstag erwarten Parlament und Bevölkerung gespannt die weiteren Beschlüsse des Bundesrates zu den Corona-Schutzmassnahmen. Das Parlament ist vorerst zurück in der Zuschauerrolle: Es tritt erst im März anlässlich der Frühlingssession wieder zusammen.