Die beiden Fälle gingen damals durch die Medien. 2014 und 2016 wurden in Graubünden zwei Wölfe gewildert. Ein Täter liess sich nie finden. Nun zeigen Recherchen von SRF News, dass seither auf weitere drei Tiere illegal geschossen wurde. Beim Kanton wertet man die Fälle als versuchte Wilderei.
Das Thema aufs Tapet gebracht hat Naturfotograf und Autor Peter Dettling. In seinem achtseitigen Bericht, den er kürzlich publik gemacht hat, vermutet er «massive Wilderei in der Surselva».
Das Amt informierte nicht
In der Öffentlichkeit bekannt waren einzig die beiden Wilderei-Fälle aus den Jahren 2014 und 2016. Damals informierte das Bündner Amt für Jagd und Fischerei wenige Tage nach dem Fund, dass man von Wilderei ausgehe. Seither schien nichts mehr passiert zu sein. Im Bericht von Peter Dettling liest es sich anders.
Einer der Fälle, die Dettling aufführt, ist die Wölfin F53 des Beverinrudels. Sie wurde im Januar 2020 bei Bonaduz von einem Zug überfahren. Dazu sagt Dettling: «Durch meine Recherchen bin ich darauf gestossen, dass das Tier vorher mit Schrot angeschossen wurde.» Diese Information ist neu. Das zuständige Bündner Amt für Jagd und Fischerei hatte im Jahresbericht 2020 einzig das Zugunglück vermerkt.
Vor dem RhB-Unfall hat ein Beschuss mit Schrot stattgefunden.
Auf Nachfrage des «Regionaljournals Graubünden» bestätigt Arno Puorger vom Amt für Jagd und Fischerei den Beschuss: «Die Wölfin wurde für die Untersuchung nach Bern geschickt. Dort stellte sich heraus, dass vor dem RhB-Unfall ein Beschuss mit Schrot stattgefunden hat.» Weil nach dem Vorfall keine Selbstanzeigen eingegangen seien, «muss man hier von einem illegalen Beschuss reden», so Puorger weiter.
In Graubünde kann potenziell Wilderei in grossem Massstab stattfinden.
Auch nicht bekannt war, dass der Kanton seither zwei weitere Fälle von versuchter Wilderei entdeckt hat. Die Wildhut erlegte im Oktober im Lugnez und im Februar bei Vals je einen verletzten Wolf. Bei beiden hätten Untersuchungen ergeben, so Puorger, dass diese vorher beschossen wurden. Brisant: Bei Vals handelte es sich um den Leitwolf des Wannaspitzrudels, dessen Verletzung laut Arno Puorger möglicherweise vom Beschuss herrührte.
Wieso erfuhr die Öffentlichkeit bis heute nichts davon? So werden doch Wolfsrisse an Nutztieren regelmässig kommuniziert. Dazu sagt Arno Puorger vom Amt für Jagd und Fischerei, dass man die beiden aktuellen Fälle von versuchter Wilderei im nächsten Quartalsbericht publizieren wolle. Die Verantwortlichen hätten wegen der laufenden Untersuchungen zugewartet.
Für Naturfotograf Peter Dettling sind das Neuigkeiten. Er bemängelt, dass die Behörden punkto Wilderei zu wenig transparent seien: «Insgesamt wird sehr wenig kommuniziert; es ist praktisch kein Thema in der Öffentlichkeit.» Darum sei er aktiv geworden. Mit seinem Bericht wolle er aufmerksam machen, dass hier «potenziell Wilderei in grossem Massstab stattfinden kann».