«Ich habe in den letzten vierzig Jahren keinen einzigen Kunden gehabt, der mit seiner Wohnung Verluste gemacht hätte. Allein in den letzten zehn Jahren haben sich die Preise verdreifacht», sagt Roland Albrecht. Der Immobilienhändler hat im Lauf der Jahre über dreissig Appartementhäuser in Zermatt gebaut sowie etliche Chalets und Wohnungen verkauft.
Im Weltkurort sind Immobilien längst zu Spekulations- und Investitionsobjekten geworden. Der Blick auf das Matterhorn treibt die Quadratmeterpreise in Sphären, die nur noch sehr reiche Menschen erreichen können.
Gleichzeitig sind auch die Mietpreise gestiegen. Einen eigentlichen Mietwohnungsmarkt gibt es längst nicht mehr. Eigentümerinnen und Eigentümer generieren höhere Einnahmen, wenn sie ihre Wohnungen an Feriengäste vermieten. Saisoniers oder Jahresmieterinnen und Jahresmieter finden deshalb kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Dabei gäbe es in Zermatt rein theoretisch rund 7000 Wohnungen.
Appell an das soziale Gewissen
Nun will die Gemeinde Gegensteuer gegeben. Die neu gegründete Genossenschaft «Wohnraum Mattertal» appelliert an das soziale Gewissen der Immobilienbesitzerinnen und -besitzer. Sie sollen ihre Wohnungen günstiger zur Verfügung stellen, dafür übernimmt die Genossenschaft die Verwaltung und den Unterhalt.
«Ich glaube daran, dass es viele soziale Leute gibt, die mitmachen würden, weil sie nicht wollen, dass dieses Dorf eines Tages zu einem Geisterdorf wird, in dem keine Einheimischen mehr wohnen», sagt Bianca Ballmann, Zermatter Gemeinderätin und Präsidentin der Genossenschaft.
Zermatt bräuchte 400 günstige Wohnungen
Dafür müssen die Wohnungseigentümerinnen und -Eigentümer jedoch tiefere Mieteinnahmen in Kauf nehmen. Immobilienhändler Roland Albrecht gibt dem Genossenschaftsprojekt deshalb keine Chancen. Der Druck auf den Zermatter Immobilienmarkt sei zu gross und habe sich seit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im März 2012 noch verstärkt.
«Früher haben wir uns nicht um die älteren Wohnungen im Dorf gekümmert. Diese Wohnungen wurden vermietet. Doch heute, wo man keine Zweitwohnungen mehr bauen darf, kauft man halt die älteren Wohnungen auf, renoviert und verkauft sie», erklärt Albrecht. Und so trocknet der Mietwohnungsmarkt weiter aus.
Eine kleine Erfolgsmeldung gibt es jedoch: Bereits sollen sich Wohnungsbesitzer bei der Genossenschaft gemeldet haben. Spruchreif sei noch nichts, sagt Gemeinderätin Bianca Ballmann, doch es gebe Projekte für fünfzehn bis zwanzig Wohnungen. Allerdings bräuchte es in Zermatt vierhundert günstige Mietwohnungen, damit die Wohnungsnot gelindert wird.