Wo ist das Corona-Infektionsgeschehen am grössten? In der Disco oder daheim im Familienkreis? Am letzten Freitag lieferte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eindeutige Daten: in Clubs und Bars. Am Sonntag dann die Korrektur: Der Familienkreis ist Ansteckungsort Nummer eins. Patrick Mathys vom BAG bedauert den Fehler, betont aber auch, dass die Clubs weiterhin ein Gefahrenort sind.
SRF News: Wie konnte es nicht auffallen, dass plötzlich das Nachtleben und Bars sowie Restaurants so oben ausschwingen?
Patrick Mathys: Üblicherweise prüfen wir die Zahlen wirklich, versuchen ein Vieraugenprinzip umzusetzen. Der Druck war gross und wir haben diese Zahlen geliefert. Es ist niemandem aufgefallen, dass das eigentlich in dieser Art und Weise nicht sein kann.
Was ziehen Sie für Konsequenzen daraus?
Wir überprüfen unsere Prozesse laufend. Ich denke, wir werden aus diesem Fehler lernen und ihn hoffentlich kein zweites Mal machen.
Sind die Zahlen aussagekräftig?
Wir haben lange nicht zu allen Infektionen auch die nötigen Daten, was den Ansteckungsort angeht. Das ist schade. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass man nur etwa 50 Prozent der Fälle nachverfolgen kann. Bei diesen 50 Prozent denken wir aber, dass sie repräsentativ sind.
Der Fehler vom Freitag war speziell unglücklich für die Clubbranche. Wie reagieren Sie auf die Kritik?
Das war unglücklich und dafür entschuldigen wir uns bei den Clubs. Das wäre nicht nötig gewesen. Wir möchten aber auch festhalten, dass Übertragungen in Clubs tatsächlich stattgefunden haben. Und was wichtig ist: Clubs sind ein Ort, wo plötzlich sehr viele Leute angesteckt werden können und anschliessend sehr viele unter Quarantäne gesetzt werden müssen. Das ist für die Kantone unter Umständen eine grosse Herausforderung.
Es hat Fehler gegeben. Wir haben aber daraus gelernt und ich glaube nicht, dass damit das Vertrauen ins BAG erschüttert ist.
Darum ist es auch so wichtig, an solchen Orten möglichst keine Infektionen zuzulassen und die nötigen Schutzkonzepte zu haben. Wir werden zusammen mit den Clubs nach Wegen suchen und das bereinigen. Wir hoffen, dass wir in einer positiven Zusammenarbeit vorwärtsgehen können.
Die Clubs bleiben ein Gefahrenort?
Ganz sicher. Vor allem, wenn man jetzt sieht, was in Genf geschieht, wo momentan fast 40 Prozent der Ansteckungen in Clubs passiert sind. Da wurde ja auch reagiert, der Kanton hat die Clubs geschlossen. Das ist sinnvoll, wenn es zu solchen Hotspots kommt.
Es war nicht die erste Kommunikationspanne. Die Politik kritisiert das Krisenmanagement, spricht von Überforderung. Was sagen Sie zu den Vorwürfen?
Von Überforderung zu sprechen, wenn wir drei oder vier Mal falsche Zahlen publiziert haben oder einmal eine Aussage an einer Pressekonferenz nicht gestimmt hat, geht für mich zu weit. Wir waren transparent, wenn wir Fehler gemacht haben. Wir haben diese korrigiert und ich glaube, überall wo Menschen arbeiten, passieren unter Druck Fehler.
Jeden Tag, sieben Tage die Woche beantworten wir ein paar dutzend Medienanfragen. Wenn wir da Daten liefern müssen, muss das oft rasch passieren. Es hat Fehler gegeben. Wir haben aber daraus gelernt und ich glaube nicht, dass damit das Vertrauen ins BAG erschüttert ist.
Machen Sie sich Sorgen, dass Sie das Vertrauen der Bevölkerung verspielt haben?
Ich hoffe nicht. Solange wir transparent sind, wir zu Fehlern auch stehen können und daraus lernen, hoffe ich, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung weiter haben.
Das Gespräch führte Sandro Della Torre.