- Der Bundesrat verzichtet vorerst auf weitere Lockerungsschritte im Kampf gegen das Coronavirus. Dies stösst auf Unverständnis.
- Die Kantone sind über die zögerlichen Öffnungsschritte enttäuscht.
- Die SVP spricht von einem «Schlag ins Gesicht», Gastrosuisse von einer «immensen Enttäuschung».
- Einzig für der Arbeitnehmerverband Travailsuisse sind die Massnahmen nachvollziehbar.
Die Kantone reagieren unzufrieden auf die «Mini-Öffnung» für Familien und den Appell des Bundesrates an die Geduld. Es sei enttäuschend, dass der Bundesrat die meisten vorgeschlagenen Öffnungsschritte vertagt habe, teilte die Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK) mit.
Die Kantone wünschten sich Lockerungen, insbesondere im Bildungsbereich hätten sie mehr erwartet. Auch die Öffnung von Restaurant-Terrassen hätten die Kantone einstimmig unterstützt, schrieb die GDK.
GDK-Präsident Lukas Engelberger bedauert die Zurückhaltung, sagt aber: «Letztlich ist es aber auch die Landesregierung, die in der gegenwärtigen Situation mit einheitlichen Massnahmen die Verantwortung trägt.»
SVP: «Schlag ins Gesicht»
Die SVP kritisiert den Bundesrat scharf. Der Mini-Öffnungsentscheid sei inakzeptabel und «ein Schlag ins Gesicht von Bevölkerung und Betrieben». Es sei inakzeptabel, dass sich «die Mitte-links-Mehrheit des Bundesrates» einmal mehr über die Kantone hinweggesetzt habe. Solch «willkürliche Entscheide» hätten zur Folge, dass die Bevölkerung auch die sinnvollen Massnahmen zunehmend nicht mehr einhalte.
Die FDP nimmt den Entscheid kritisch zur Kenntnis. Es zeige sich einmal mehr, dass der Bundesrat nicht willens sei, der Bevölkerung und den Unternehmen eine echte Perspektive zu geben. Sie vermisst auch eine Information des Bundesrates, wie die Impfungen beschleunigt werden sollen.
Die Mitte begrüsst, «dass endlich die für Familien nicht praktikable 5-Personen-Regel aufgehoben und auf 10 Personen erweitert wird», sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Aber man bedauere, dass der Bundesrat die aktuelle Lage trotz mehr Testen und Impfen so instabil einschätzt.
Gastrosuisse: «Immense Enttäuschung»
Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer greift den Bundesrat frontal an. «Der Bundesrat hat es offenbar auf uns abgesehen.» Die Enttäuschung sei «immens». Er könne nicht verstehen, dass nicht einmal die Terrassen von Restaurants geöffnet werden dürfen. Das sei ein «Berufsverbot fürs Gastgewerbe».
Für den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) ist das Beharren des Bundesrates auf den geltenden Corona-Massnahmen unverhältnismässig. Er lasse sich einmal mehr nur von den vorgezeichneten Horrorszenarien der wissenschaftlichen Taskforce beeinflussen. Kaum sei die Parlaments-Session beendet, «wird wieder das alte, manipulative Spiel gespielt», so der SGV weiter.
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse kann die Zurückhaltung teilweise nachvollziehen, kritisierte aber das Festhalten an der Homeoffice-Pflicht und das Öffnungsverbot für Restaurant-Terrassen. Die Schweiz bezahle nun den Preis dafür, dass sie beim Testen und Impfen zu lange gezögert habe.
Travailsuisse: «Nachvollziehbar»
Für Travailsuisse, dem Dachverband der Arbeitnehmenden, sind die Entscheide nachvollziehbar und entsprechen seinen Forderungen. Mit einer schrittweisen Öffnung und gleichzeitiger Test- und Impfoffensive komme die Schweiz zügiger zurück zur Normalität. Zum Erhalt von Arbeitsplätzen und Einkommen bedürfe es aber dringend weiterer Unterstützungsmassnahmen.