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Zu wenig Babys Geburten rentieren nicht: Spital Muri schliesst Geburtenabteilung

Immer mehr Spitäler verzichten auf Geburten. Jüngstes Beispiel ist das Spital Muri im Aargau.

Im nächsten Jahr wird es im Spital Muri ruhiger. Auf den Gängen wird weniger Babygeschrei zu hören sein. Denn das Spital schliesst auf Ende 2025 seine Geburtenabteilung. Dies gab das Spital in einer Mitteilung bekannt.

Der Grund sei die Bevölkerungsentwicklung, heisst es aus dem Regionalspital. Obwohl das Freiamt, also die Region rund um Muri, stark wächst, gebe es immer weniger Geburten. Der Blick auf die Zahl aller Geburten in der Schweiz belegt diese Tendenz. Allerdings nur, wenn man sich die letzten fünf Jahre ansieht. Im Vergleich mit den Nullerjahren ist die Geburtenzahl aktuell höher.

Immer mehr Eltern würden zudem andere Spitäler bevorzugen, sagt Sabina Rüttimann, Stiftungsratspräsidentin des Spitals Muri. «Die werdenden Eltern suchen viel öfters ein Zentrumsspital mit Neonatologie auf oder entscheiden sich für ein Geburtshaus oder eine Hausgeburt», so Rüttimann. «Das Spital Muri liegt zwischen diesen beiden Polen.»

Tatsächlich habe es in den letzten Jahren mehr Geburten in Geburtshäusern oder Zuhause gegeben, bestätigt Andrea Weber, Geschäftsführerin des Schweizerischen Hebammenverbands. Allerdings sei diese Zunahme nur leicht und könne nicht der Hauptgrund für die Schliessung von Geburtsstationen sein.

Schreiendes Neugeborenes
Legende: Obwohl das Aargauer Freiamt wächst, müssen Schwangere künftig einen weiteren Weg in Kauf nehmen, um ihre Kinder zu gebären. Keystone/Christian Beutler

Die Aussage, dass Eltern vermehrt die Sicherheit eines grossen Spitals mit Neonatologie suchen, kann Weber dagegen nicht bestätigen. «Wir hören in der Regel, dass Eltern einen möglichst nahen Geburtsort suchen.»

24-Stunden-Betrieb rentiert nicht

Das Spital Muri begründet die Schliessung der Geburtsabteilung aber auch mit den Finanzen. «Wir müssen während 24 Stunden und 365 Tagen Hebammen, Fachärztinnen und -ärzte und Pflegepersonal verfügbar haben. Dafür reichen die Tarife nicht», sagt Stiftungsratspräsidentin Sabina Rüttimann. Zuletzt kamen in Muri über 500 Kinder pro Jahr zur Welt.

Gynäkologie bleibt in Muri

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Die Schliessung der Geburtenabteilung in Muri hat kaum Auswirkungen auf das Personal. Denn im Gegensatz zur Geburtenabteilung wird die Gynäkologie weiterhin angeboten. Darunter fallen auch Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaften.

«Auf die Ärzte und Pflegenden sind wir weiterhin angewiesen und die möchten wir behalten,» sagt Geschäftsführer Daniel Strub. Die Hebammen verlieren allerdings ihre Stelle.

Im Gegenzug zur Schliessung der Geburtenabteilung wird übrigens das Angebot für ältere Patientinnen und Patienten – die Akutgeriatrie – und die Orthopädie in Muri ausgebaut.

Fürs Aargauer Freiamt ist die Schliessung der Geburtenabteilung einschneidend. Die Fahrten in andere Spitäler im Aargau oder in umliegende Zuger und Luzerner Spitäler sind deutlich länger.

Der Entscheid sei kein leichter gewesen, betont Stiftungsratspräsidentin Sabina Rüttimann. «Ich glaube, das halbe Freiamt ist im Spital Muri zur Welt gekommen. Umso schwieriger war der Entscheid.»

Geburtenabteilungen verschwinden

Es ist innert weniger Jahre bereits die dritte Klinik im Aargau, die ihre Geburtenabteilung schliesst. Denselben Schritt hatten 2018 das Regionalspital Menziken und 2024 die Klinik Villa im Park in Rothrist unternommen. Auch die Andreasklinik im nahen Cham ZG schliesst die Geburtenabteilung per Ende Juni 2025.

Die Begründung ist in allen Fällen ähnlich: die sinkende Zahl der Geburten. Expliziter als in Muri begründeten die Kliniken in Cham, Menziken und Rothrist ihren Entscheid zusätzlich mit der schwierigen Suche nach Gynäkologinnen oder Gynäkologen und Hebammen.

Andere Spitäler profitieren von Deutschen

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Anders als in Muri gibt es zwei Aargauer Regionalspitäler, die steigende Geburtenzahlen vermelden. Es sind dies Rheinfelden und Leuggern.

Beide Regionalspitäler profitieren von der Nähe zu Deutschland. Weil immer mehr Deutsche in den beiden Spitälern gebären, haben beide ihre Geburtenabteilungen sogar ausgebaut.

Vor allem Rheinfelden profitiert dabei von der Tatsache, dass zwei deutsche Kliniken die Geburtsabteilungen geschlossen haben.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 19.2.25, 6:31 Uhr ; 

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