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Zürcher Obergericht Drei Psychiater im Fall Brian freigesprochen

  • Das Zürcher Obergericht hat im Fall Brian drei Psychiater vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freigesprochen.
  • Der junge Straftäter war im Jahr 2011 in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) 13 Tage lang ans Bett gebunden worden. Die drei Fachärzte hatten die Fixation angeordnet und bewilligt.
  • Das Zürcher Bezirksgericht hatte die drei Psychiater im August 2020 ebenfalls freigesprochen.
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Aus dem Archiv: Drei Psychiater stehen vor Obergericht
aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 28.10.2021. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 51 Sekunden.

Obwohl alle drei für nicht schuldig erklärt wurden, kritisierte der vorsitzende Richter deren Massnahme. Brian habe an der Verhandlung gesagt, ihm sei Unrecht geschehen. «Dem stimmen wir zu», sagte der Richter. Eine solche Fixation über eine so lange Dauer müsse mit allen Mitteln verhindert werden – Brian habe dies aber über sich ergehen lassen müssen.

Einschätzung: Urteil kann Widerspruch nicht auflösen

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Die Einschätzung von Zürich-Redaktor Peter Schürmann: Brian sei ein Unrecht geschehen, sagte der Richter bei der Begründung des Urteils. Trotzdem sprach er die drei beschuldigten Psychiater frei. Doch wer ist schuld am begangenen Unrecht? Es sei ein Systemversagen, erklärte der Richter, das nicht mehr passieren dürfe. Man könnte auch sagen: Es ist ein Versagen des Staates, der nicht richtig umgehen konnte mit einem 16-jährigen jungen Mann. Tatsache ist, dass Brian 2011 aus der Haft in einen sogenannten fürsorgerischen Freiheitsentzug kam. So ein Freiheitsentzug dient eigentlich der persönlichen Fürsorge. Aber diese Fürsorge bestand darin, dass man Brian 13 Tage an ein Bett gefesselt hat. Das ist ein Widerspruch, den auch das Urteil von heute nicht auflösen konnte.

Der wegen zahlreicher Delikte bereits mehrfach verurteilte 26-jährige Brian war an der Urteilseröffnung nicht anwesend, er hat sich laut dem Gericht kurzfristig abgemeldet.

«Justizsystem hat versagt»

Laut dem Richter wäre es aus heutiger Sicht wohl am besten gewesen, man hätte Brian nach seinem Suizidversuch unter erhöhter Aufsicht weiterhin im Gefängnis behalten. Das Justizsystem habe versagt und durch die Einlieferung des Jugendlichen in die PUK eine eigentlich unlösbare Aufgabe an diese delegiert.

Die drei Beschuldigten haben sich jedoch gemäss dem Entscheid des Obergerichts strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen. Trotz aller Kritik stufte es die Fixation letztlich als verhältnismässig ein.

Die Niederlage vor Obergericht hat für Brian – falls der Entscheid rechtskräftig wird – happige finanzielle Konsequenzen: Er müsste unter anderem die Hälfte der Prozessentschädigung der drei beschuldigten Ärzte übernehmen. Die andere Hälfte der insgesamt über 40'000 Franken ginge zulasten der Gerichtskasse. Hinzu kämen die Kosten für den Entscheid sowie weitere Kosten.

Verfahren dauerte viel zu lange

In einem Nebenpunkt erhielt Brian jedoch Recht: die lange Verfahrensdauer – der Vorfall liegt bereits mehr als 10 Jahre zurück – sei ein Verstoss gegen das Beschleunigungsgebot.

Der damals 16-jährige Brian kam in die PUK, nachdem er im Gefängnis versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Die drei beschuldigten Fachärzte hatten vor Obergericht erklärt, dass sich die Angestellten vor dem jungen Patienten gefürchtet hätten. Von ihm sei eine grosse Selbst- und Fremdgefährdung ausgegangen. Es habe keine Alternative zur Sieben-Punkte-Fixation gegeben.

Der Verteidiger hatte demgegenüber geltend gemacht, dass sein Mandant bei der zweiten Einweisung – anders als beim ersten Mal – gar nicht gewalttätig gewesen sei und dass während der langen Dauer keine Alternativen zur harten Fixierung geprüft worden seien. Auch Brian, der vor Obergericht von sieben Polizisten begleitet wurde, hielt fest: «Es gab keinen Grund, mich zu fixieren.»

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.

SRF 4 News, 11.11.2021, 19:00 Uhr ; 

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