Schlechte Vorzeichen für den Sommer: Erst nach rekordverdächtigen 37 Minuten und 59 Sekunden gab es den grossen «Chlapf»: Dem Böögg ist am Zürcher Sechseläuten 2022 erst nach sehr langer Zeit der Kopf explodiert. Für den Sommer verheisst das nichts Gutes. Es lag wohl am nassen Holz. Der Regen hatte erst am Mittag aufgehört und einen nassen Holzstoss hinterlassen. Entsprechend lange liess sich der Böögg dann Zeit, bis es ihm den Kopf wegjagte. Erst nach etwa 30 Minuten explodierten die ersten der insgesamt 140 Böller. Erst nach 37 Minuten und 59 Sekunden flog dann der Kopf des Bööggs in die Luft. Sein Vorgänger aus dem Jahr 2021, der wegen Corona in die Urner Schöllenenschlucht ausweichen musste, hielt es mit knapp 13 Minuten viel weniger lange aus.
Was war aussergewöhnlich am Sechseläuten 2022? Der Zürcher Traditionsanlass fand nach drei Jahren wieder in seiner ursprünglichen Form statt. 2020 musste er wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden, im letzten Jahr wurde der Böögg vor einer Handvoll Menschen in der Schöllenenschlucht im Kanton Uri verbrannt. Nun also fand der Anlass zum ersten Mal seit 2019 wieder wie gewohnt auf dem Zürcher Sechseläutenplatz statt.
Wie sah der Anlass in diesem Jahr aus? Begonnen hatte der Zürcher Traditionsanlass bereits an diesem Wochenende. Der Gastkanton Uri präsentierte sich seit Freitag auf dem Lindenhof, dazu fand gestern der Kinderumzug durch die Zürcher Innenstadt mit fast 2000 Mädchen und Buben statt. Höhepunkt des Sechseläuten bildete allerdings der Zug der Zünfte am Montagnachmittag und die Böögg-Verbrennung um 18 Uhr auf dem Sechseläutenplatz.
Wer nahm am Zug der Zünfte teil? Insgesamt 3500 Zünfter marschierten über Bahnhofstrasse, Rudolf-Brun-Brücke und Limmatquai zum Sechseläutenplatz. Begleitet wurden sie von Reitern, Pferdewagen, Musikkorps und tausenden Zuschauerinnen und Zuschauern am Strassenrand. Ferien und Regenwetter sorgten in diesem Jahr allerdings für einen geringeren Zuschaueraufmarsch sorgen. Auch Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Sport marschierte am Umzug mit. Gäste waren in diesem Jahr etwa Bundespräsident Ignazio Cassis, UBS-Chefökonom Daniel Kalt oder Ski-Legende Bernhard Russi.
Für Aufsehen gesorgt hatte im Vorfeld die Causa Ferdi Muheim. Der in Zürich unbekannte Metzger aus Andermatt wurde ursprünglich als Ehrengast eingeladen, diese Einladung wurde aber später wegen seiner Nähe zu Russland wieder annulliert.
Warum verbrennt Zürich einen grossen Schneemann? Nach der Ankunft aller 26 offiziellen Zünfte auf dem Sechseläutenplatz wurde um 18 Uhr der Böögg in Brand gesteckt. Die Tradition hat seinen Ursprung bereits im 15. Jahrhundert. Mit der Zeit wurden die Bööggen – also verkleidete, vermummte Puppen – verbrannt, um Plagen zu bekämpfen, etwa die Grippe oder eben den Winter. Seit 1892 ist die Böögg-Verbrennung Teil des Sechseläutens, seit dem 20. Jahrhunderts hat er die Gestalt eines Schneemanns.
Welche Ausmasse hat der Böögg? Der Böögg wiegt über 100 Kilogramm, ist 3.4 Meter hoch und steht auf der Spitze eines 10 Meter hohen Scheiterhaufens aus 7000 Holz-Bürdeli. Sein Kopf ist vollgestopft mit Feuerwerkskörpern. Der Volksmund sagt: Je schneller der Kopf explodiert, desto schöner wird der Sommer. Zwischen vier Minuten (1956) und fast 44 Minuten (2016) ist alles möglich. Bezüglich Wetter-Prognose hat sich in den vergangenen Jahren aber auch gezeigt: Der Böögg hat nicht immer recht.