Eine intensive Landwirtschaft produziert viel, setzt auf einen möglichst hohen Ertrag, braucht jedoch auch Pestizide und Dünger dafür. Dagegen steht die extensive Landwirtschaft, die auf Nachhaltigkeit und Biodiversität fokussiert, dafür aber weniger Lebensmittel produziert. Worauf soll die Schweiz in Zukunft setzen?
Mehr pflanzliche Lebensmittel
Für Franziska Herren ist der Fall klar. Zwei Jahre nach der gescheiterten Trinkwasser-Initiative sammelt sie nun wieder Unterschriften und zwar für die Ernährungsinitiative. Diese will die Landwirtschaft von heute komplett umkrempeln und der Natur wieder mehr Platz geben.
«Die jetzige Produktion verursacht Gewässerverschmutzung und Biodiversitätszerstörung. Die Bodenfruchtbarkeit wird zerstört mit dieser intensiven Produktion. Wir müssen in ein altes Verständnis zurückzufinden», so Herren. Auch unter Berücksichtigung der Artenvielfalt sowie der Bodenfruchtbarkeit könne die Landwirtschaft Lebensmittel produzieren.
Weniger Fleischkonsum
Die Ernährungsinitiative will mehr Biodiversität und den Netto-Selbstversorgungsgrad auf 70 Prozent erhöhen. Wie soll das gehen? Durch weniger Fleischkonsum und einer höheren Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln, sagt Herren.
Heute würden Ackerflächen vor allem für den Anbau von Tiernahrung genutzt: «Auf diesen Ackerflächen können wir viel mehr Kalorien produzieren – mit pflanzlichen Lebensmitteln, die wir selbst nachher direkt essen könnten.» Internationale Studien würden ausserdem zeigen, dass mehr Biodiversität den landwirtschaftlichen Ertrag erhöhe.
SVP will Viehwirtschaft stärken
Ganz anders die Sicht der SVP. Sie kündigte schon letzten Sommer eine Initiative an für einen Selbstversorgungsgrad auf netto 60 Prozent – lanciert wurde sie jedoch bis heute nicht. Die Idee der Volkspartei: nicht mehr Ökoflächen, sondern mehr Produktion.
Für SVP- Nationalrat Mike Egger steht fest, dass die Landwirtschaft nicht noch mehr Vorschriften braucht: «Die Ernährungsinitiative ist eine Umerziehungsinitiative. Sie will der Landwirtschaft vorschreiben, was sie zu tun hat. Sie will am Schluss, dass Fleisch zu einem Luxusprodukt erklärt wird. Das will ich nicht.»
Die Landwirtschaft mache schon heute genug für die Artenvielfalt: «Wenn Sie immer mehr Biodiversitätsfläche schaffen, dann verlieren Sie eine produktive Landwirtschaftsfläche. Und wenn Sie produktive Landwirtschaftsfläche verlieren, dann geht automatisch der Eigenversorgungsgrad zurück.»
Biodiversität als Feindbild
Ein Argument, das Befürworter der Biodiversitätsinitiative in den letzten Wochen oft hören mussten. Die Initiative wurde in der letzten Sommersession im Parlament beraten und die bürgerlichen Parteien liessen kaum ein gutes Haar an ihr.
Umso überraschender ist, dass FDP-Nationalrat Kurt Fluri im Initiativkomitee sitzt. Er setzt sich schon seit den 80er-Jahren politisch für Biodiversität ein. Damals habe die Hälfte seiner Partei noch mitgezogen, heute seien die Liberalen vorwiegend auf den wirtschaftlichen Nutzen fokussiert. Fluri: «Für viele ist die Biodiversität schon fast ein Fremdwort geworden – oder ein Feindbild sogar.»
Die Biodiversitätsinitiative will mehr Fläche für die Artenvielfalt – auch auf Kosten der landwirtschaftlichen Produktionsfläche: «Die Landwirtschaft müsste eigentlich einsehen, dass ihr die Artenvielfalt auch zugutekommt. Eine monotone Landschaft nützt den Bauern nichts», sagt Fluri.