Traditionelle Poststellen werden künftig immer seltener zu sehen sein. Wie die Post bekannt gegeben hat, will sie bis 2028 insgesamt 170 Filialen abbauen. Somit wird jede fünfte Postfiliale in der Schweiz verschwinden.
Der Grund: Das Verhalten der Kundschaft habe sich «dramatisch» verändert, vor allem in den letzten vier Jahren nach Corona, sagt Post-CEO Roberto Cirillo gegenüber SRF.
Vom klassischen Schaltergeschäft will sich die Post nun zu Dienstleistungszentren weiterentwickeln und vermehrt auf Partnerschaften mit Banken, Krankenkassen und Versicherungen sowie Behörden setzen. «Wir wollen dort investieren, wo wir eine Möglichkeit sehen, auch in zehn und 20 Jahren mit eigenen Filialen vor Ort präsent zu sein», sagt Cirillo.
Hat die klassische Post, wie wir sie bisher kennen, ausgedient? «Die zunehmende Digitalisierung führt dazu, dass wir gewisse Dienstleistungen nicht mehr vor Ort erledigen müssen, sondern dies von zu Hause aus tun können», sagt Innovationsexpertin Senem Wicki vom Zukunftsbüro Kühne Wicki in Zürich.
Das Bedürfnis nach Einfachheit, Schnelligkeit und günstigen Angeboten habe zugenommen, so Wicki. «Gleichzeitig haben wir auch ein wachsendes Bedürfnis nach sozialen Kontakten und lokale Angeboten.» Die Herausforderung bestehe darin, beide Bedürfnisse zu stillen: Seine Sachen schnell loszuwerden und sich an einem Ort wohl zu fühlen. Hier könnte die Post in Zukunft eine Rolle spielen, meint die Zukunftsforscherin.
Post mit Garderobe und Showfläche
So könnten die Poststellen beispielsweise Umkleidekabinen anbieten, in denen Kundinnen und Kunden bestellte Kleidungsstücke direkt anprobieren können. Nicht mehr benötigte Verpackungen wie Kartonschachteln könnten vor Ort rezykliert werden. Zukunftsforscherin Wicki kann sich auch vorstellen, dass die Post zu einem Ort wird, an dem man sich trifft, Kaffee trinkt oder einen Platz zum Arbeiten hat.
Was sich wie eine Utopie anhört, existiert bereits: In der finnischen Hauptstadt Helsinki bietet eine Postfiliale nebst Paketstationen mit Schliessfächern auch Umkleidekabinen, Sofas für eine Kaffeepause und Showflächen für die Instagram-Generation zum Fotografieren an. Vor Ort können Kundinnen und Kunden ihr Verpackungsmaterial loswerden und Unternehmen haben einen Raum, um ihre Produkte zu präsentieren.
Dass solche Modelle auch in der Schweiz Zukunft haben können, sieht Samuel Rutz, Senior Fellow und Wettbewerbsexperte bei Avenir Suisse kritisch: «Die Schweizerische Post ist ein Staatsbetrieb mit einem sehr eng definierten Auftrag. Postdienstleistungen sind Teil des Service public. Diesen Service braucht es im Bekleidungsgeschäft nicht, das können private Unternehmen machen.»
Die Frage sei auch, ob das die Politik zulassen würde. «Nicht überall ist man begeistert, wenn die Post in Gebiete expandiert, in denen sie bisher nicht tätig war», so Rutz.
Rutz von Avenir Suisse glaubt nicht, dass sich die Post in den nächsten zehn Jahren gross verändern wird: «Sie kann nicht einfach alle Poststellen schliessen, denn sie hat einen Grundversorgungsauftrag.» Wenn sie Poststellen zumacht, dann müsse sie diese durch andere Dienstleistungen wie beispielsweise einen Hausservice ersetzen.
Was soll also die Post in der heutigen Zeit noch machen, und was nicht? Genau das ist laut Rutz eine «wichtige Debatte», die Politik und Bevölkerung künftig noch führen müssen.