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Zunahme der Hundebisse Zunahme der Hundebisse – und ein kantonales Regelflickwerk

Bei 560'000 Hunden in der Schweiz wird auch häufiger zugebissen. Das kantonale Regelflickwerk ist offenbar ungenügend.

Ob Basel-Stadt, Luzern oder St. Gallen – überall sind die Zahlen von Hundebissen 2023 stark angestiegen. Allein im Kanton Zürich nahmen die Meldungen von Vorfällen mit Hunden um gut einen Viertel von 660 auf 840 Fälle zu.

Dichtestress und zu viele Importhunde

Es gebe eben auch immer mehr Hunde und immer mehr Menschen, sagt Stefan Buholzer, stellvertretender Zürcher Kantonstierarzt. Als Folge komme es insbesondere in den Naherholungsgebieten zu vermehrten Begegnungen, verbunden mit einem erhöhten Konfliktpotenzial.

Hund an der Leine spaziert mit Person im Wald.
Legende: Gründe für die Zunahme der Hundebisse gibt es viele. Ebenso vielfältig sind die Massnahmen in den einzelnen Kantonen. Keystone/Michael Buholzer

Dichtestress ist also quasi mit ein Grund für diese Zunahme. Tatsächlich kommen auf die rund neun Millionen Einwohnerinnen und Einwohner schon über 560'000 Hunde.

Der Importanteil der Hunde ist sehr hoch. Das ist auch die Gruppe der Hunde, mit welcher wir erfahrungsgemäss sehr viele Probleme haben.
Autor: Martin Brügger Kantonstierarzt Luzern

Die grosse Anzahl Hunde erkläre den Anstieg aber nur zum Teil, sagt der Luzerner Kantonstierarzt Martin Brügger. Denn heute gehe man bei einem Vorfall auch schneller zum Arzt oder Tierarzt. Ein weiterer Grund sei der hohe Anteil an importierten Hunden: «Mit dieser Gruppe gibt es erfahrungsgemäss sehr viele Probleme.»

Kursobligatorium vor Anschaffung

Die Importhunde sieht auch Ulrich Beer als Problem. Der Präsident der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft SKG ist überzeugt, dass Tierheime und hiesige Hundezüchter strenge Kriterien bei der Hundevergabe anwenden. Das bringe aber wenig, wenn man sich den Hund einfach importieren lasse.

Ich kann mir vorstellen, dass einige Leute vom Kauf absehen, wenn sie die vielfältigen Bedürfnisse des Hundes kennen.
Autor: Ulrich Beer Präsident Schweizerische Kynologische Gesellschaft SKG

Beer fordert deshalb ein Kursobligatorium für Ersthundehalter, und zwar bevor sie sich einen Hund anschaffen. In diesem Theoriekurs werde den Leuten nahegebracht, welche vielfältigen Bedürfnisse ein Hund habe. «Ich kann mir vorstellen, dass dann einige Leute aufgrund dieser Fakten von einem Kauf absehen», schätzt Beer.

An Zürcher Schulen und Kindergärten können Kinder den Umgang mit Hunden und vor allem auch den Respekt vor dem Hund lernen.
Autor: Stefan Buholzer Stv. Kantonstierarzt Kanton Zürich

Vor sieben Jahren ist ein nationales Hundekursobligatorium nach kurzer Zeit abgeschafft worden. Zürich ist einer der wenigen Kantone, wo es weiterhin obligatorische Kurse für alle grossen Hunde gibt. Bald sollen diese Kurse auch für kleine Hunde gelten.

Kinder führen Ziegen auf einer grünen Wiese unter einem blühenden Baum.
Legende: An guten Beispielen fehlt es nicht: An einem eigens für Jugendliche ausgeschriebenen Hundehalterkurs lernen Kinder im April 2010 in Igis im Churer Rheintal den Umgang mit ihren Vierbeinern. Keystone/Arno Balzarini

Zudem kommt im Kanton Zürich der Hund auch in den Kindergarten oder die Schule. Der Kanton bietet dafür Gratishundekurse an. «Dort lernen die Kinder, mit Hunden umzugehen. Sie lernen vor allem auch den Respekt vor dem Hund», so Stefan Buholzer vom Zürcher Veterinäramt.

Kanton Luzern: Prüfung für Ersthundehalter

Im Kanton Luzern gilt seit eineinhalb Jahren eine obligatorische Hundeausbildung für Ersthundehalter: «Wir erhoffen uns davon, dass Hundebissmeldungen und Meldungen über auffällige oder aggressive Hunde zurückgehen», so Kantonstierarzt Martin Brügger.

Denn diesen Kurs kann man nicht einfach absitzen, sondern muss mit dem Hund Prüfungen bestehen. Wie beispielsweise Begegnungen mit fremden Hunden und mit Joggern oder Velofahrern. Erst wenn sich der Hund tadellos verhält, erhält man das Halterbrevet. Resultate gibt es noch nicht. Denn zum Erwerb des Brevets bleiben anderthalb Jahre Zeit.

Im Kanton Wallis gibt es das Hundebrevet ebenfalls, und auch Basel-Stadt überlegt sich die Einführung. Beer als oberster Hündeler der Schweiz würde sich trotzdem eine Vereinheitlichung wünschen, aber nicht um jeden Preis

Ein nationales Hundegesetz nach dem Vorbild von Luzern wäre sinnvoll. Eine riesige Rassenliste und Leinenpflicht wie im Tessin dagegen nicht.
Autor: Ulrich Beer Präsident Schweizerische Kynologische Gesellschaft SKG

«Wenn ein nationales Hundegesetz so aussehen würde wie im Kanton Tessin mit einer riesigen Rassenliste und Leinenpflicht, wäre das überhaupt nicht in unserem Sinn. Aber ein Hundegesetz nach dem Vorbild von Luzern halten wir für absolut sinnvoll.» Vorerst aber bleibt das Thema wohl weiter Kantonssache.

Rendez-vous, 17.07.2024, 12:30 Uhr

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