Sie stehen für die Spannungen und Schicksale der letzten zwei Jahre: Intensivpflegefachfrau Anja Müller kämpfte ums Überleben der Schwerkranken – in einem Spital am Limit, persönlich am Anschlag. Gleichzeitig gingen viele Menschen locker oder gar sorglos mit der Pandemie um. Etwa Jodler Buba Bertschy. Weiterleben stand für ihn im Fokus. Daniel Koch war omnipräsent zu Beginn der Pandemie. Gelobt für seine Sachlichkeit, kritisiert etwa für das Maskendebakel.
Buba Bertschy, Jodler und Veranstalter
Zurückgenommen habe ich mich sicher nicht.
Jodeln ist sein Leben. Für Buba Bertschy gibt es nichts Schöneres, als mit Freunden zu singen. Auch während Corona. Beruflich war er als Dirigent sowie als Veranstalter und Sänger des Jodel-Musicals stark eingeschränkt – privat liess sich Bertschy nicht einschränken.
Bertschy jodelte weiter, im kleineren Rahmen, baute mit Gleichgesinnten neue Freundschaften auf. Gleichgesinnt heisst: Lockerheit im Umgang mit Corona, ein Bedürfnis nach Nähe, nach einer Umarmung, nach gemeinsam jodeln. Sie sehen das Zertifikat als Schikane, viele sind ungeimpft.
Doch ist es eine gute Idee, während der Pandemie in einer Gruppe zu singen? Bertschy sagt, er habe Respekt vor Covid, wisse, dass man Abstand halten sollte. Aber: «Für das Herz war es eine gute Idee, mit lieben Leuten zusammen zu jodeln. So kann man das ganze ‘Gstürm’ auch mal vergessen.» Das sei auch wichtig gewesen.
Für das Herz war es eine gute Idee, mit lieben Leuten zusammen zu jodeln.
Bertschy erkrankte selbst an Corona. Einmal im Herbst 2020, ein zweites Mal kürzlich mit Omikron. Beides milde Verläufe. Er habe bewusst in Kauf genommen, dass er sich ansteckt. «Glücklicherweise ist nichts passiert. Aber es gibt sicher Leute, die gleich dachten wie ich und die es schlimm getroffen hat», sagt Bertschy. Doch der Tod gehöre zum Leben. «Ich habe das Gefühl, viele vergessen das. Man darf gar nicht mehr sterben heutzutage.»
Bertschy möchte damit weder Corona verharmlosen noch respektlos sein gegenüber den Corona-Toten. Er bezieht es auf einen persönlichen Schicksalsschlag: «Ich habe ein Kind verloren, das ganz jung gewesen ist. Seither habe ich einen anderen Blick auf den Tod. Und: Man sollte das Leben jetzt leben.» Privat würde Buba Bertschy während der Pandemie nichts anders machen.
Anja Müller, Intensivpflegefachfrau
Leute, die sich nicht impfen und sich nicht an die Massnahmen halten, machen mich kaputt.
Auf der Intensivstation des Inselspitals Bern kämpft Anja Müller seit zwei Jahren ums Überleben unzähliger Covid-Patienten. Während langer Schichten ist sie mit dem Leid der Schwerkranken konfrontiert. Seit der Delta-Welle sind es oft jüngere Menschen, die vor Covid mitten im Leben standen. Das ist auch für Intensivpflegefachfrau Müller hart: «Es kann jeden treffen. Wenn sie 50 sind, Kinder haben, wenig Grunderkrankungen haben, dann ist es schon eindrücklich. Das belastet sehr.»
Das Spitalpersonal ist sich hohe Belastungen gewohnt. Normalerweise sind diese jedoch zeitlich beschränkt. In der Pandemie habe die Belastung seit der ersten Welle kaum aufgehört.
Letzten Spätsommer war Anja Müller am Anschlag, überlegte aufzuhören. Sie fragte sich: «Warum tue ich mir das hier noch an? Ich habe es fast nicht mehr ertragen, diese Situationen zu sehen. Ich war sehr emotional, habe beim Kleinsten geweint. Mich hat das sehr belastet.» Manche in ihrem Team hätten gekündigt wegen der hohen Belastung. Anja Müller ist geblieben.
Ich war sehr emotional, habe beim Kleinsten geweint. Mich hat das sehr belastet.
Das Thema Impfen hat die Gesellschaft gespalten. Anja Müller hat auf ihrer Arbeit eine Realität erlebt, die manche Menschen nicht wahrhaben wollten. «Ich habe nie geimpfte Patienten betreut, nur Ungeimpfte», sagt Müller. Diese waren oft überrascht, wie schwer man an Corona erkranken kann. Manche bereuten auf der Intensivstation: «Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mich sofort geimpft – diesen Satz habe ich ein paar Mal gehört», erzählt Anja Müller.
Die Pflegefachfrau fühlt sich im Stich gelassen von den Menschen, die sich nicht impfen. Obwohl Impfungen die Anzahl der schweren Verläufe reduzieren, stagnierte die Impfquote. Das war hart für Anja Müller, die im überlasteten Gesundheitswesen arbeitet.
Sie erinnert sich an den Herbst 2021: «Es gab eine Situation, wo ich jemanden wirklich angeschrien habe: Du verstehst nicht, was das macht mit uns. Ich muss es nachher aushalten und ertragen. Du könntest mich unterstützen, indem du dich impfst – und machst es nicht.»
In den Spitälern ist die Pandemie noch nicht vorbei. Anja Müller hofft, dass die Corona-Belastung weiter abnimmt.
Daniel Koch, Mister Corona
Ohne Pandemie wäre auch meine Welt besser.
Über Nacht wurde der eher unbekannte Beamte Daniel Koch zum berühmten Mister Corona. Seine sachlichen und trockenen Auftritte brachten Ruhe in die hektischen ersten Wochen. Koch erhielt Anerkennung.
Ein Erlebnis beeindruckt ihn auch noch: «Im Bahnhof haben die Leute geklatscht. Das ist sehr tief gegangen. Ich fand: Nein, der Applaus gehört nicht mir, sondern all den Leuten, die die Massnahmen umsetzen.»
Früh besuchte er eine Intensivstation. Die vielen Covid-Patienten berührten Koch. Er sah das gefährliche Potenzial des Virus und wollte das Beste machen, um die Pandemie zu bekämpfen.
Ist das gelungen? «Nein, das ist sicher nicht immer gelungen. Vieles ist aber gelungen», sagt Daniel Koch, der auch scharf kritisiert wird. Gerade im Zusammenhang mit den Masken. Zu Beginn der Pandemie hatte die Schweiz viel zu wenige davon. Koch wiederholte stetig: «Masken sind, wenn sie in der allgemeinen Bevölkerung getragen werden, sehr wenig wirksam.» Etwas später kam die Maskenpflicht im ÖV. Dann weitete der Bundesrat die Maskenpflicht aus.
Sobald die Leute das begriffen haben, haben Masken als zusätzlicher Schutz Sinn gemacht.
Für Koch kein Widerspruch – auch wenn seine Maskenstrategie bei vielen Menschen für grosse Verwirrung sorgte. Man habe zuerst nicht genau gewusst, wie sich das Virus verbreite, sagt Koch. Deshalb seien Hygiene- und Abstandsregeln wichtiger gewesen. «Sobald die Leute das begriffen haben, haben Masken als zusätzlicher Schutz Sinn gemacht.»
Bei den Masken gibt Koch doch noch einen Fehler zu: «Man hätte vielleicht etwas früher sagen sollen: Ja, Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln, das hilft sicher.»
Auch bei den Alters- und Pflegeheimen gibt sich Daniel Koch selbstkritisch. Diesen hätten sie während der ersten Welle zu wenig geholfen. «Wir hätten ihnen sagen sollen, wie sie mit Corona umgehen sollen – und sie nicht allein lassen.»
Für die drei Corona-Protagonisten und für uns alle schliesst sich diese Woche ein Kapitel Corona-Geschichte. Nun kommt die Aufarbeitung der Pandemie und der Massnahmen.