Von Zürich bis Davos – über 460 Gemeinden tragen das Label Energiestadt. Seit acht Jahren auch das zürcherische Hagenbuch. Alle vier Jahre kann das Label erneuert werden. Doch darauf verzichtete die ehemalige Gemeindepräsidentin Therese Schläpfer, als sie noch im Amt war.
Die Gemeindeverwaltung müsse einen riesigen Aufwand betreiben, um das Label zu behalten, sagt die SVP-Nationalrätin. «Man muss jahrelang eine Buchhaltung schreiben. Jede ersetzte Steckdose oder Glühbirne muss peinlich genau aufgelistet werden, sonst bekommt man das Label nicht mehr. Und das kostet Geld.» Rund 37'000 Franken zahlte Hagenbuch an den Verein Energiestadt in zehn Jahren.
Profitieren die Gemeinden genug?
Um im Verein Energiestadt zu sein, müssen die Gemeinden jährlich einen Mitgliederbeitrag zahlen. Das kostet je nach Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner zwischen 600 und 5200 Franken. 1.2 Millionen hat der Verein im letzten Jahr damit eingenommen. Dazu wird der Gemeinde eine Energiestadt-Beraterin gestellt. Diese zahlt die Gemeinde zusätzlich nach ihrem Aufwand.
Für die Kosten biete man den Gemeinden, die kontinuierlich an ihrer Energie-Strategie arbeiten, eine gute Unterstützung, sagt die Präsidentin des Trägervereins Energiestadt, Katrin Bernath. «Das Kosten-Nutzen-Verhältnis geht für mich auf. Aber der Vorstand schaut ständig, wie der Aufwand möglichst schlank gehalten werden kann, damit es für alle Gemeinden bewältigbar ist.»
Für uns hat das Label keinen Nutzen mehr.
Als Energiestadt würden die Gemeinden profitieren, sagt Bernath. «Neben der Unterstützung haben sie ein Instrument, dass man sich Ziele setzt, Massnahmen umsetzt und sich verbessert.» Zudem bekomme man einen Beitrag vom Bundesamt für Energie. 4000 Franken erhalten Gemeinden, die bis 70 Prozent der Massnahmen erreichen und 10'000 Franken für mehr.
Hagenbuch reicht das nicht. «Für uns hat das Label keinen Nutzen mehr», sagt Schläpfer. Die Gemeinde habe bereits vor dem Label-Erhalt Massnahmen getroffen, um Energie zu sparen. «Wir zahlten damals schon Förderbeträge für Solaranlagen und Wärmepumpen.»
Gemeinden können selbst bestimmen
Um das Energiestadt-Label zu bekommen, erstellen die Gemeinden einen Massnahmen-Plan. Lediglich die Bereiche werden vom Verein vorgegeben, darunter sind Mobilität, Gebäude und Entsorgung.
Auch selbst bestimmen können die Gemeinden, bis wann der Massnahmen-Plan erstellt wird. Wird die Hälfte dieser Massnahmen erreicht, wird das Label nach einer Kontrolle überreicht. Schaffen die Gemeinden 75 Prozent, gibt es das Gold-Label.
Das Label war immer stark danach ausgerichtet, dass möglichst viele Leute mitmachen und möglichst viele Gemeinden Mitglied werden.
Kritik an den Massnahmen und der Strategie des Vereins kommt auch vom WWF. Klimaschutz-Experte Patrick Hofstetter sagt: «Das Label war immer stark danach ausgerichtet, dass möglichst viele Leute mitmachen und möglichst viele Gemeinden Mitglied werden.» Darum seien die Ziele im Moment zu tief. «Was aber relevanter ist: Diese Ziele helfen uns nicht im Kampf gegen die Klimakrise.»
Energiestadt räumt Versäumnis ein
Die Präsidentin von Energiestadt sagt, es sei ein Abwägen: «Welche Ziele setzen wir, dass wir am Schluss nicht viele Gemeinden verlieren?» Zudem hätten alle zu wenig gemacht in Sachen Klima und Energie – der Bund, die Kantone, die Gemeinden – nicht nur der Verein Energiestadt. Doch man habe die Strategie nun angepasst, sagt Bernath. «Die Zertifizierung wird verstärkt auf das Netto-Null-Ziel ausgerichtet und von den Energiestädten Gold werden dazu zukünftig verbindliche Zielsetzungen und Massnahmen verlangt.»
So wie Hagenbuch verzichten jedes Jahr eine bis fünf Gemeinden auf die Weiterführung des Labels. Energie-Projekte fördern will Hagenbuch auch weiterhin.