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Wege aus der Energiekrise «Die Zeiten der Entbehrungen gelten auch für uns»

Steigende Preise, schwierige Versorgungslage – im Winter droht auch der Schweiz die Energieknappheit. Experten suchen fieberhaft nach Lösungen.

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner warnte kürzlich, dass Deutschland sich auf eine längere Phase der Entbehrungen einstellen müsse. Gemeint hat er damit die steigenden Energiepreise und die unsichere Versorgungslage mit Gas. Nach Abschluss der jährlichen Pipeline-Wartungen wird befürchtet, dass Russland den Gashahn nach Europa gar nicht mehr richtig aufdreht.

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Aus dem Archiv: Die Schweiz steht vor einer Energieknappheit
Aus Tagesschau vom 30.06.2022.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 40 Sekunden.

Energieexpertin Cornelia Meyer hält es auch in der Schweiz für realistisch, dass wir unseren Energieverbrauch eindämmen müssen – gerade im Hinblick auf den Winter: «Die angesprochenen Zeiten der Entbehrungen gelten auch für uns», sagt Meyer. Anlässlich des Wirtschaftsforums der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH diskutierte sie mit weiteren Experten, welche Wege die Schweiz aus der Energiekrise führen könnten.

Laut Meyer fehlt es für die Lagerung von Erdgas in der Schweiz an der notwendigen Infrastruktur. Und beim Flüssiggas bestünden meist Mehrjahresverträge mit den Abnehmern, grosse Kontingente des Energieträgers seien bereits nach Asien versprochen. Die daraus resultierenden Unsicherheiten bei der Energieversorgung und die steigenden Preise gefährden auch den sozialen Zusammenhalt, so Meyer. Die Angst wächst, zu kurz zu kommen.

Ein europäisches Problem

Was gerne als globale Energiekrise bezeichnet wird, sei aber in erster Linie ein europäisches Problem, sagt KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm. Er weist auf die unterschiedlichen Gaspreisentwicklungen hin: «In den USA ist der Anstieg so moderat ausgefallen, dass kaum jemand deswegen schlaflose Nächte hat.»

Ganz anders in Europa. Hier hat die Abhängigkeit von Russland zu einer regelrechten Preisexplosion geführt. Das könnte aber auch positiv sein, so Sturm. Die hohen Preise könnten dafür sorgen, dass rascher Lösungen gefunden werden – etwa im konsequenten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.

Schweizer Lösungsansätze

Die KOF sieht denn auch die erneuerbaren Energien als wichtigen Lösungsbestandteil des Energieproblems. Laut einer aktuellen Umfrage sei der Rückhalt für den Ausbau von Wind- und Solarenergie sowie Wasserkraft in der Schweizer Bevölkerung gross. Als ebenfalls notwendig sehen Schweizerinnen und Schweizer die langfristige Einbindung der Schweiz in den europäischen Strommarkt.

Nach den Sommerferien könnten Aufrufe an die Bevölkerung zum Energiesparen folgen.
Autor: Matthias Gysler Chefökonom Bundesamt für Energie

Das Stromabkommen mit der EU sieht auch das Bundesamt für Energie (BFE) als Voraussetzung für den Weg aus der Krise. Daneben setze man im Härtefall auf Energieversicherungen in Form von Wasser-Notvorräten in den Stauseen und Reservekraftwerken, die notfalls auch mit Erdöl betrieben werden könnten, so BFE-Chefökonom Matthias Gysler. Die aktuell ergriffenen Massnahmen würden allesamt noch im Markt getätigt. «Nach den Sommerferien wird dann auch Krisenmanagement im Sinne von Aufrufen an die Bevölkerung zum Energiesparen folgen», so Gysler.

Eine Prognose für die nächsten Monate ist schwierig. Für Cornelia Meyer braucht es einen Kompromiss: Eine möglichst klimaneutrale Lösung, ohne dabei ein Viertel der Weltbevölkerung in Energiearmut zu treiben, weil keine fossilen Brennstoffe zur Energiegewinnung verwendet werden dürfen. Und Matthias Gysler sagt einigermassen zuversichtlich: «Die Schweiz ist die Schweiz: Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an Lösungen. Ich rechne nicht damit, dass wir uns Dieselgeneratoren zur Stromgewinnung kaufen müssen.»

Tagesschau, 30.06.2022, 19:30 Uhr

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