Die EU zieht die Daumenschraube weiter an. Man habe «einen Mangel an Fortschritt» beim Rahmenabkommen mit der Schweiz festgestellt. Und sehe deshalb «keinen Bedarf», einen Entscheid zur Schweizer Börse zu fällen, deren Anerkennung durch Brüssel in wenigen Tagen ausläuft.
Eine unverhohlene Drohung
Das darf als unverhohlene Drohung der EU-Kommission interpretiert werden, die seit Jahren bestehenden Differenzen mit unserem Land innert Kürze eskalieren zu lassen.
Die EU verkennt dabei, dass es dem Bundesrat selbst beim besten Willen gar nicht möglich gewesen ist, innerhalb von ein paar Tagen bei den drei umstrittensten Punkten zum Rahmenabkommen eine Lösung herbeizuführen. Es sei denn, die Landesregierung hätte all die kritischen Stimmen von Parteien, Kantonen und Sozialpartnern einfach in den Wind geschlagen und wäre gegenüber Brüssel eingeknickt. Dann aber hätte sie mit dem Rahmenabkommen beim Parlament und spätestens in einer Volksabstimmung mit ziemlicher Garantie eine massive Schlappe eingefahren.
Redaktionelle Kosmetik reicht nicht
Zwar hat man in den letzten Wochen auf beiden Seiten diplomatisch bloss von ein paar «Klärungen» gesprochen, die jetzt noch nötig seien, um zum Vertragsabschluss zu kommen. Doch geht es bei diesen «Klärungen» um so wesentliche Fragen wie den Schweizer Lohnschutz oder Subventionen von Bund und Kantonen. Mit etwas redaktioneller Kosmetik lässt sich die berechtigte Skepsis nicht einfach aus der Welt schaffen.
Das ist aus Berner Sicht eigentlich das Erstaunlichste beim nun schon Jahre andauernden Poker um das Rahmenabkommen: dass die EU immer noch nicht begriffen hat, dass man in der Schweiz ein solch weitreichendes Dokument nicht einfach von oben verordnen kann, sondern Parlament und Volk dafür gewinnen muss. Mit dem Ausstossen von Drohungen und dem Versetzen von Nadelstichen wird man dies sicher nicht erreichen.
Trotzdem ist zu befürchten, dass genau dies jetzt geschieht. Die Gefahr besteht, dass die EU in den kommenden Monaten viel Fantasie entwickeln wird, um der Schweiz zu schaden. Womit sich die EU aber auch selbst weh tut: Die Eidgenossenschaft ist nach den USA und China ihr drittwichtigster Handelspartner – noch vor Russland oder Japan.