Neben der Hitze macht auch die Corona-Sommerwelle diese Woche Schlagzeilen. Der ehemalige «Mister Corona», Daniel Koch, hat sie im «Blick» mit der Grippe verglichen. Hat er recht? Daniel Theis von der SRF-Wissenschaftsredaktion beantwortet diese Frage mit einem «Jein».
SRF News: War mit dieser Corona-Sommerwelle zu rechnen?
Daniel Theis: Sie kam nicht ganz überraschend, weil man sie in anderen Ländern schon gesehen hat, etwa in Portugal oder Südafrika. Das waren Wellen, die rund fünf bis sechs Wochen dauerten. Am Dienstag kamen die neuen Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit heraus, diese sind nun auch wieder stagnierend. Es gab sogar einen leichten Rückgang in der letzten Woche. Das heisst, bei uns könnte der Höhepunkt erreicht worden sein. Ob das wirklich schon die Trendwende ist, ist noch offen.
Die Welle ist vielleicht in etwa eineinhalb Monaten bei uns wirklich durch und die Lage beruhigt sich.
Aber aufgrund der Erfahrungen in anderen Ländern ist es sehr gut möglich, dass die Fallzahlen jetzt auch bei uns wieder sinken. Das geht natürlich nicht schlagartig. Die Welle ist vielleicht in etwa eineinhalb Monaten bei uns wirklich durch und die Lage beruhigt sich.
Daniel Koch sagte im Interview mit dem «Blick», Corona sei jetzt nur noch eine Sommergrippe. Was sagen Sie zu diesem Vergleich?
Ich finde, dem Grippevergleich haftet immer etwas Verharmlosendes an, da dünkt mich oft der Wunsch etwas der Vater des Gedankens zu sein. Mit der Grippe können wir umgehen, seit Jahrzehnten. Wir haben in der Vergangenheit auch Grippetodesfälle bei älteren Menschen akzeptiert. Sagt man, Corona ist jetzt wie eine Grippe, so sagt man damit: Das ist einfach so. Man hat alles im Griff und besondere Überraschungen sind auch nicht mehr zu erwarten. Dem würde ich aber nicht beipflichten.
Wenn es für uns gut läuft, kommen keine schlimmeren Varianten mehr. Doch das kann niemand sicher wissen.
Denn das lässt sich heute schlichtweg noch nicht sagen. Wenn es für uns gut läuft, dann kommen keine schlimmeren Varianten mehr. Doch das kann niemand sicher wissen. Und was Corona deutlich von der Grippe unterscheidet, sind die Langzeitfolgen. Die können beträchtlich sein.
Aber: Zieht man den Vergleich zu Grippe etwas anders und meint damit, dass Corona jetzt eine Infektionskrankheit ist, die uns immer wieder ereilen kann, und dass sie ausser für Risikogruppen in der Regel nicht lebensbedrohend ist, dann finde ich den Vergleich in Ordnung.
Meint man damit, dass Corona jetzt eine Infektionskrankheit ist, die uns immer wieder ereilen kann, dann finde ich den Vergleich in Ordnung.
Auch die Corona-Impfung wird man vermutlich immer mehr wie die Grippeimpfung einsetzen – für Jüngere, die sich kurzzeitig vor einer möglichen Infektion schützen wollen, und für Risikopersonen, damit diese sich vor schwerer Krankheit schützen können.
Heisst das, dass wir jetzt eine sogenannte Durchseuchung erleben?
Durchseuchen halte ich im Zusammenhang mit Corona nicht mehr für einen sinnvollen Begriff. Er deutet nämlich an, dass, wenn alle Menschen einmal Corona gehabt haben, die Sache vorbei sei. Heute wissen wir ganz klar: Das ist nicht der Fall. Es gibt Menschen, die haben sich bereits mehrmals angesteckt. Und es kann im Prinzip auch so weitergehen, über Jahre, dass wir mit immer wieder neuen Varianten krank werden können.
Könnte es sein, dass wir dank der Sommerwelle im Herbst vielleicht keine grössere Welle erleben, weil sich gerade so viele anstecken?
Nun, wenn keine neuen Varianten kommen bis dann, dann wird der Herbst wahrscheinlich tatsächlich ruhiger werden. Leider können wir das im Moment noch nicht wissen. Und die Vergangenheit hat ja auch gezeigt, wie rasch sich neue Varianten ausbreiten können.
Das Gespräch führte Roger Aebli.
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