Endometriose ist eine schmerzhafte gynäkologische Erkrankung, von der viele Frauen betroffen sind – in der Schweiz etwa jede zehnte. Bei der Bekämpfung soll nun australischen Forscherinnen und Forschern ein Durchbruch gelungen sein. Das berichtet die britische Zeitung «The Guardian».
Eine Forschungsgruppe in Sydney habe Gewebe von bekannten Endometriosearten gezüchtet und verglichen. Damit könne man herausfinden, welche Behandlung für welche Art der Erkrankung geeignet ist. Michael Mueller erklärt die Ergebnisse und die Wichtigkeit der Endometriose-Forschung.
SRF News: Was zeigen die neuen Forschungsresultate?
Michael Mueller: Es scheint so, dass die Forscher in Australien herausgefunden haben, dass wenn man Endometrioseformen nimmt und sie im Labor weiter wachsen lässt, herausfinden kann, welche Medikamente für welche Formen der Endometriose genutzt werden können.
Es ist von einem Durchbruch die Rede. Was ist die Bedeutung dieser Forschungsresultate?
Heutzutage wissen wir, dass ungefähr 30 Prozent der Personen, die eine Endometriose haben, möglicherweise ein Rezidiv haben. Das heisst, die Endometriose kann erneut auftreten. Deshalb empfehlen wir allen Personen nach einer Operation eine medikamentöse Behandlung, damit die Endometriose nicht wiederkommt. Wenn wir nun eine Möglichkeit haben herauszufinden, einerseits, welche Frauen diese Medikamente wirklich benötigen und welche nicht, ist vielen Frauen die unnötige Einnahme von Medikamenten erspart. Andererseits können wir auf diese Art auch sicherstellen, dass die Endometriose nicht zurückkommt.
Die Schweiz muss in der Endometriose-Forschung noch aktiver werden.
Die Forschungsresultate stammen aus Australien. Eine Vorreiterrolle in der Endometrioseforschung will etwa auch Frankreich einnehmen. Wo steht die Schweiz im internationalen Vergleich?
Weit hinter den erwähnten Ländern. Mitte 2022 wurde eine Petition durch die Endo-Help (Schweizerische Endometriose-Vereinigung) mit über 18'000 Unterschriften abgegeben. Im Nationalrat wurden zwei Motionen eingereicht zu diesem Thema und im März 2023 akzeptierte der Ständerat eine Motion der Gesundheitskommission und überwies sie dem Bundesrat, sodass dieser endlich den Auftrag hat, frauenspezifische Krankheitsbeschwerden gezielter erforschen zu lassen, damit die Qualität bei der Behandlung dieser Krankheiten sichergestellt ist und die Fachgesellschaften ebenfalls aufgerufen werden. Die Schweiz muss in diesem Bereich noch aktiver werden.
Das Hauptproblem ist, dass die Endometriose nur Frauen betrifft.
Auch weltweit steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen, dabei ist der Leidensdruck gross. Die Weltgesundheitsorganisation geht global von 190 Millionen betroffenen Frauen aus. Warum ist die Forschung nicht bereits viel weiter?
Man stirbt nicht an einer Endometriose, und das ist eines der grossen «Probleme». Man hat eine stark eingeschränkte Lebensqualität, aber man stirbt nicht daran, sodass hier möglicherweise ein Forschungsaspekt oder dramatischer Aspekt fehlt. Das Hauptproblem ist, dass die Endometriose nur Frauen betrifft. Es gab weniger Politikerinnen in den letzten Jahren, die Strategiepläne hätten mitentwickeln können. Forschung kostet viel Geld. Es muss vor allem die Grundlagenforschung unterstützt werden. Und damit diese Grundlagenforschung unterstützt wird, müssen die Politikerinnen und Politiker die entsprechenden Gelder freigeben, damit auch geforscht werden kann.
Das Gespräch führte Oliver Kerrison.