Der 15. Januar 2015: Es gab keine Vorankündigung und fast niemand hatte es kommen sehen, als Nationalbank-Präsident Thomas Jordan an einem Donnerstagmorgen mit folgenden Worten vor die Medien trat: «Die Schweizerische Nationalbank hat beschlossen, den Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro per sofort aufzuheben und ihn nicht mehr mit Devisenkäufen durchzusetzen.» Der Grund: Der Mindestkurs habe ausgedient. Die Wirtschaft habe sich stabilisiert, die Unternehmen hätten sich in der Zwischenzeit anpassen können.
Die Reaktion der Aktienmärkte: Der Schweizer Aktienindex SMI stürzte zeitweise um mehr als 13 Prozent ab. Nach einer leichten Erholung schloss er an jenem Tag mit -8.7 Prozent. Auch der Euro und der US-Dollar gaben deutlich nach: Der Euro fiel um knapp 18 Rappen auf 1.02 Franken, der Dollar um knapp 14 Rappen auf 0.88 Franken.
Die Verlierer: Wer vom Wechselkurs abhängt und keine hohen Margen hat, geriet in Probleme. Vor allem die Exportindustrie war entsetzt, hatte der Mindestkurs ihr doch stabile Bedingungen verschafft. Der Verband Swissmem forderte Politik und SNB zum Handeln auf. Unternehmen verschwanden oder verlagerten ihre Produktion.
Die Profiteure: Gesamtwirtschaftlich verkraftete die Schweiz die Aufhebung gut. Und für die Schweizer Bevölkerung war die Aufhebung vorteilhaft. Die Kaufkraft wuchs mit dem stärkeren Franken. Konkret sind Importe und Aufenthalte im Ausland günstiger geworden. Der Einkaufstourismus zog in der Folge wieder an.
Die historische Sicht: «Mein Fazit ist positiv», sagt Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann von der Universität Zürich. Der Mindestkurs sei ein Ausnahmeinstrument, das selten zur Anwendung kommen solle, «aber 2011 war absolut dramatisch». Er gibt dennoch zu bedenken, dass der Zeitpunkt des Ausstiegs nicht ideal gewesen sei. «Wenn man ein halbes Jahr früher herausgegangen wäre, im Sommer 2014, hätte es vermutlich nicht diese Verwerfungen gegeben.» 2015 war erneut ein sehr turbulentes Jahr in der EU. Stichwort: Griechenland-Krise. Die Europäische Zentralbank EZB druckte viel Geld und schwächte so den Euro.
Das Jetzt und die Zukunft: Mit einem Wert unter 1 Franken pro Euro ist die Schweizer Währung heute wieder sehr stark. Dies sage in diesem Fall aber nichts über die realen Gegebenheiten aus, sagt Tobias Straumann: «Was wir heute haben, bildet den wahren Wert des Franken ab.» Die Schweiz habe eine tiefere Inflation als andere Länder gehabt. «Das bedeutet, die Kaufkraft hat bei uns weniger schnell abgenommen als im Ausland.» Also müsse der Franken stärker werden, um diese Differenz abzubilden. Der Euro sei heute in einer besseren Verfassung. Bedrohlich seien jedoch geopolitische Entwicklungen und deren Aufwertungsdruck auf den Franken.