Bund und UBS haben offensichtlich kein gemeinsames Dokument über die 9-Milliarden-Verlustgarantie bei der CS-Rettung unterzeichnet. Staatsrechtler Andreas Glaser von der Universität Zürich äussert sich zu den Schwächen mündlicher Vereinbarungen im Konfliktfall und kritisiert die inhaltlich weiterhin diffuse Lage.
SRF News: Kann es rechtsbindend sein, wenn die Risikogarantie über neun Milliarden Franken allenfalls nur mündlich vereinbart wurde?
Andreas Glaser: Das kann grundsätzlich rechtsbindend sein. Dennoch stellen sich einige Fragen. So besteht offenbar ein schriftlicher Vertrag mit der Nationalbank, in dem alles geregelt ist. Im Verhältnis zur UBS gibt es dagegen nur Andeutungen in der Botschaft zu einem Garantie-Vertrag über neun Milliarden, den wir aber nicht sehen dürfen oder den es in schriftlicher Form nicht gibt. Unklar ist zugleich, was mit den fünf Milliarden Franken ist, welche die UBS übernimmt. Es erscheint alles sehr zweifelhaft.
Was bedeutet das Fehlen eines schriftlichen Vertrags für Bund und UBS?
Das grosse Problem bei einem nicht-schriftlichen Vertrag ist die Beweisunsicherheit. Was passiert im Konfliktfall? Wenn alles gut geht und es keinen Streit oder irgendwelche Unklarheiten gibt, wäre es letzten Endes unproblematisch. Sobald aber Probleme auftauchen, stellt sich die Frage, wer irgendetwas aus diesen angeblich mündlichen Vereinbarungen beweisen soll.
Heute ist die Lage allerdings noch viel unklarer als vor dem Entscheid des Parlaments
Das Parlament hat seinen ablehnenden Entscheid letztlich als wirkungslos bezeichnet. Gilt das weiterhin?
Der Entscheid hatte Wirkung, ob das Parlament das wollte oder nicht. Gemäss Gesetz geht es um eine Genehmigung, die nicht erteilt wurde. Dass der angeblich auf mündlicher Basis bestehende Vertrag inhaltlich nicht bekannt ist, erschwert die Frage nach der Rechtswirkung. Gäbe es einen Vertrag, wäre der Entscheid des Parlaments im Effekt tatsächlich wirkungslos. Heute ist die Lage allerdings noch viel unklarer als vor dem Entscheid des Parlaments.
Steht die Verlustausgleichsgarantie des Bundes an die UBS somit auf wackligen Füssen?
Das ist so, solange man die Grundlagen der Vereinbarung nicht kennt und auch nichts über die Gegenleistung der UBS weiss. Also auch, ob sich der Bundesrat bei den genannten fünf Milliarden Franken, welche die UBS übernimmt, auch ausreichend abgesichert hat. Auch dies könnte ein wichtiger Gesichtspunkt sein, wenn das Parlament diesem Deal irgendwann doch noch zustimmen will oder nicht.
Das Gespräch führte Sandro Della Torre.