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Aktienmarkt nach US-Zöllen Börse im Aufwind: Für ein Aufatmen ist es wohl noch zu früh

Der US-Zollhammer hat zu Wochenbeginn Panik an der Börse ausgelöst. Am Dienstag jedoch schien sich die Börse wieder zu erholen: vom Schweizer SMI über den japanischen Nikkei bis hin zum Leitindex Dow Jones. Kommt jetzt das grosse Aufatmen? SRF-Wirtschaftsredaktor Reto Lipp sagt: Zurücklehnen können wir uns noch lange nicht.

Reto Lipp

Wirtschaftredaktor

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Während seines Studiums der Ökonomie an der Universität Zürich war Reto Lipp bereits freier Mitarbeiter bei «Radio Z». Später war er Mitglied der Redaktionsleitung. Nach einem Wechsel zu den Printmedien arbeitete Lipp als Vizedirektor bei der UBS im Bereich Wealth Management. Er moderiert die Sendungen «ECO», «ECO Talk» und «SRF Börse».

Warum geht es an der Börse wieder aufwärts, trotz drohenden Gegenzöllen?

Nach starken Börsenabschlägen kommt es praktisch immer zu kurzfristigen Erholungen. Es gibt fast immer Schnäppchenjäger, die glauben, jetzt könne man einmalig günstig an gute Aktien herankommen. Ob sich das bewahrheitet, wird sich erst später weisen. Grundsätzlich sind die amerikanischen Aktien im langjährigen Durchschnitt auch nach dem Abschlag noch teuer. Und sollte es wirklich zu einer US-Rezession kommen (woran viele glauben, wenn die Zölle nicht teilweise rückgängig gemacht werden), dann wären die Aktien auch auf dem heutigen Stand kein guter Kauf.

Viele sprechen von einer «technischen Gegenbewegung», was versteht man darunter?

Das ist eine kurzfristige Gegenbewegung der Kurse innerhalb eines bestehenden Abwärts- oder Aufwärtstrends. Oft tritt sie nach starken Verlusten wie gestern Montag auf, wenn Anleger günstige Einstiegsmöglichkeiten nutzen. Meist ist das nicht durch fundamentale Veränderungen gestützt. In unserem Fall wäre eine fundamentale Veränderung die Senkung der angeordneten Zölle. Nur das würde eine reale langfristige Entspannung bringen.

Kursgewinne von USA bis Japan

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Angeführt wurden die Kursgewinne am Dienstag von Tokio: Der Nikkei 225 stieg um knapp 6 Prozent an. Auch der Schweizer SMI hat nach tiefroten Handelstagen am Dienstag wieder zugelegt und erreichte zwischenzeitlich ein Tageshoch von +3.9 Prozent.

Die US-Börse eröffnete um 15:30 Uhr Schweizer Zeit mit einem Plus: Der S&P 500 stieg am Dienstag im frühen Handel um 3.4 Prozent. Später jedoch büsste der Index fast den gesamten Anstieg ein und lag am frühen Nachmittag US-Zeit noch bei 0.2 Prozent. Der Dow Jones Industrial Average stieg zuerst um 1230 Punkte bzw. 3.3 Prozent, und der Nasdaq Composite legte um 3.6 Prozent zu.

Weshalb zeigen sich die Erholungen in Japan besonders deutlich?

Japan ist ein enger Verbündeter der USA, der japanische Premierminister hat auch schon mit Donald Trump telefoniert. Hier hoffen die Märkte offensichtlich auf einen Erfolg. Ob sich das bewahrheitet, muss sich erst zeigen. Generell dürfte jede Entspannung an der Zollfront dazu führen, dass es an den Börsen wieder etwas aufwärts geht. Nur: Sollte Donald Trump stur bleiben und sich eine Rezession ankündigen, dürften die Kurse weiter fallen.

Älterer Mann mit Brille und Klemmbrett vor Börsentafel.
Legende: Anlegerinnen und Anleger reagierten zuerst mit Panik auf die Zölle. Nun zeigte sich zwischenzeitlich wieder eine Aufwärtsbewegung. REUTERS / Brendan McDermid

Sind die schlimmsten Börsentaucher also noch nicht überstanden?

Ja, das glaube ich. Gerade hat die UBS ihre Wachstumsprognosen für die Schweiz praktisch halbiert. Und sie rechnet noch nicht einmal mit dem schlimmsten Szenario. Sie glaubt im Basisszenario, dass die Zölle gesenkt werden. Wenn die Zölle gegen die Schweiz nicht reduziert werden, dann würde das Wachstum deutlich unter ein Prozent fallen, was dann einer Rezession sehr nahe käme, mit einer steigenden Arbeitslosigkeit. In einem solchen Fall könnten die Börsen nochmals nachgeben. Die Krise ist noch lange nicht ausgestanden, denn Trump will ein völlig neues Welthandelssystem. Das kann noch viele Krisen bedeuten.

Ist die aktuelle Börsenentwicklung vergleichbar mit vergangenen Crashs?

In vielen Fällen gibt es nach einem Crash wieder Erholungen. Es gibt aber auch Fälle, in denen es Jahre geht, bis die Börsen wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben. Bei grossen «Dot-com-Crash» aus dem Jahr 2000 wurde der Tiefpunkt auch durch die Anschläge in New York erst im März 2003 erreicht. Dazwischen gab es immer wieder Phasen, wo es nach oben ging. Definitiv war die Sache aber erst 2003 ausgestanden.

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SRF 4 News, Heute Morgen, 8.4.2025, 6 Uhr ; 

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