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Turbulenzen an den Börsen Was für Anlegerinnen und Anleger jetzt gilt

Aushalten, nicht ins Depot schauen, bei Lust auf Risiko zukaufen: Börsenkenner geben Tipps für Konto und Psychohygiene.

Was sollten Anlegerinnen jetzt tun? Nichts machen und zuschauen – das ist der Rat von Thomas Stucki, dem Anlagechef der St. Galler Kantonalbank. Die Kurse seien so stark gefallen, dass sich Verkaufen auf den aktuellen Niveaus nicht mehr lohnt: «Dafür ist es zu spät.»

Ist der Impuls, alles zu verkaufen, falsch? Die Forschung zeigt laut Bankenexpertin Suzanne Ziegler von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, dass viele Kleinanleger diesem Impuls folgen. Aus Angst und Verunsicherung. «Sie verkaufen deshalb zu früh und realisieren relativ hohe Verluste.» Das Gegenkonzept: die Erholung abwarten. Wichtig ist, dass man sich ob der hohen Verluste nicht verrückt machen lässt. Nur wie? «Ich schaue einfach nicht ins E-Banking, dann sehe ich nicht, wie viel ich verloren habe», sagt Ziegler. Früher oder später merke man, dass es ein guter Entscheid gewesen sei, investiert zu bleiben.

Korrektur oder Beginn einer langen Talfahrt?

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Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank hält ersteres für wahrscheinlicher. «Was man bisher gesehen hat, ist eine Korrektur, eine Gegenreaktion auf die teils starken Kursanstiege insbesondere der US-Börsen.» Dass die Märkte weiter stark nachgeben, ist aber nicht ausgeschlossen. «Sollte die Wirtschaft stärker unter den Zöllen leiden als erwartet, kann es in einer Abwärtsbewegung münden.» Gefährlich wird es Ökonomen zufolge dann, wenn mehrere Länder hohe Zölle einführen und einen veritablen Handelskrieg anzetteln.

Was tun, wenn man Panik hat? Wer Börseneinbrüche mit schlaflosen Nächten bezahlt, muss über die Bücher. Geld investieren bedingt, Verluste aushalten zu können. «Wer wirklich Angst hat, muss seine Aktienpositionen reduzieren, auch wenn es nicht der richtige Zeitpunkt ist», sagt Thomas Stucki, «sonst tut er oder sie es später womöglich zu einem noch tieferen Kurs».

In der Breite würde ich mit Zukäufen zuwarten.
Autor: Thomas Stucki Anlagechef St. Galler Kantonalbank

Ist jetzt der Moment, um sogar zuzukaufen? Tatsächlich ergeben sich jetzt, da die Kurse derart stark eingebrochen sind, womöglich Einstiegsmöglichkeiten. Das gelte allerdings nur für risikofreudige Anleger, sagt Thomas Stucki. «In der Breite würde ich mit Zukäufen zuwarten, bis klarer absehbar ist, wie sich die Zollgeschichte entwickelt.»

Person mit Smartphone vor Börsentafel in Rot und Grün.
Legende: Auch wenn es turbulent zu- und hergeht, ist für Anlegerinnen und Anleger Ruhe geboten. REUTERS/William Hong

Sind alle Anleger gleich betroffen? Nein, wenngleich der Absturz Aktien auf breiter Front erfasst. Ein Merkmal der Strafzölle ist laut Thomas Stucki, dass nicht alle Branchen gleich betroffen sind. «Entsprechend sind jene, die ihr Portfolio über Titel und Branchen gut diversifiziert haben, auf der sichereren Seite und können gelassener zuschauen als jene, die nur in ein, zwei oder drei Aktien investiert sind.»

Droht eine Finanzkrise und ein noch grösserer Absturz? Ökonom Aymo Brunetti von der Universität Bern relativiert. Eine Finanzkrise sei dann wahrscheinlich, «wenn Banken auf Krediten, die sie vergeben haben, oder auf Wertpapieren, die sie halten, sehr grosse Verluste machen». Das ist nicht der Fall. Zudem sind die Banken punkto Kapital- und Liquiditätsausstattung heute besser ausgestattet als vor der Finanzkrise 2008.

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Tagesschau, 7.4.2025, 19:30 Uhr

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