Die gute Nachricht zuerst: 70 Prozent der Schweizer Pensionskassen haben die Vorsorgegelder im vergangenen Jahr über dem vorgeschriebenen Mindestsatz von 1 Prozent verzinst. Im Schnitt waren es 1.5 Prozent. Dies geht aus einer Untersuchung des Beratungsunternehmen PPCmetrics hervor, die auf einer Analyse der Geschäftsberichte von 305 Pensionskassen fusst. Sie stehen für ein Vorsorgevermögen von 748 Milliarden Franken und 3.5 Millionen Versicherte und damit ist die Auswertung repräsentativ.
Im Umkehrschluss heisst das gleichzeitig, dass jede dritte Kasse ihren Versicherten nur das Minimum gutschrieb. Dieses liegt auch im laufenden Jahr bei 1 Prozent. Dabei erzielten die Schweizer Pensionskassen im vergangenen Jahr ein beachtliches Anlage-Ergebnis – trotz Corona-Pandemie: Im Schnitt belief sich die Rendite auf 4.21 Prozent.
Querfinanzierung der Pensionierten durch die Arbeitstätigen
Doch diese Rendite kann nicht ausnahmslos den Versicherten als Zinsgutschrift weitergegeben werden, wie Stephan Skaanes von PPCmetrics ausführt: «Sie wird für mehrere Aspekte verwendet. Das Erste ist die Verzinsung der aktiv Versicherten. Das Zweite ist die Finanzierung der laufenden Renten. Es wird Rendite benötigt, um die laufenden Renten zu finanzieren. Und als Drittes werden Reserven geäufnet.»
Da die Lebenserwartung der Bevölkerung ständig weiter steigt, müssten die Pensionskassen eigentlich sogar höhere Renditen erzielen können, um die Renten ausreichend finanzieren zu können. Als Folge dieses Dilemmas lässt sich ein anhaltender Druck auf die Umwandlungssätze feststellen. Dieser Satz legt fest, wie hoch die jährliche Rente ausfallen wird bei der Pensionierung.
Schwierige Ertragslage
Die Verzinsung des Alterskapitals ist eine grundlegende Komponente, um die Rentenversprechen überhaupt erfüllen zu können. Ein Prozentpunkt mehr oder weniger hat auf die gesamte Dauer des Kapitalaufbaus in der Altersvorsorge eine grosse Wirkung. Stichwort: Zinseszinsen. So kann ein Prozentpunkt Unterschied eine Differenz von mehreren Zehntausend Franken beim Alterskapital ausmachen.
Aufgrund der tiefen Leitzinsen – in der Schweiz hat ihn die Nationalbank seit Januar 2015 bei -0.75 Prozent festgezurrt – ist es für die Vorsorgeinstitute allerdings schwieriger geworden, ausreichende Renditen zu erzielen, um die Renten nachhaltig finanzieren zu können.
Harzige Reform
Für die Pensionskasse ist der Mindestzins die Richtschnur, einige gehen aber deutlich darüber hinaus. «Wir legen den definitiven Zinssatz für die Verzinsung der Altersguthaben erst im Herbst fest. Zu diesem Zeitpunkt kennen wir die Anlage-Ergebnisse seit Januar und können diese dann in den Entscheid einbeziehen. In den letzten Jahren hatte dies zur Folge, dass wir aufgrund dieser Erkenntnisse jeweils zwei Prozent an die Versicherten weitergeben konnten, sagt Cornelia Stucki, Leiterin der Pensionskasse der Gärtner und Floristen.
Demnächst steht die Fixierung der Mindestverzinsung für 2022 an. Ende August empfahl die BVG-Kommission den Mindestsatz auch im kommenden Jahr bei 1 Prozent zu belassen. Der bundesrätliche Entscheid dazu wird im November folgen.
Derweil steckt die grundlegende Reform der 2. Säule in der Altersvorsorge bereits seit Jahren im politischen Prozess fest. Während in vielen Pensionskassen in einer Art Querfinanzierungen Millionenbeträge von den aktiven, berufstätigen Versicherten zu den rentenbeziehenden Pensionierten fliessen, um die Rentenversprechen zu erfüllen. Der politische Zwist besteht im Wesentlichen bei der Frage, mit welchen kompensatorischen Massnahmen eine Rentensenkung via Umwandlungssatz aufgefangen werden soll. Und eine schnelle Lösung ist hier weiterhin nicht in Sicht.