In einem bisher einmaligen Schritt werden Werke der grossen US-Autobauer General Motors (GM), Ford und Stellantis (ehemals Chrysler) gleichzeitig bestreikt. 13'000 Angestellte beteiligen sich in einem ersten Schritt an dem Ausstand.
Die Arbeitsniederlegungen begannen in der Nacht zum Freitag, nachdem eine Frist für Lohnverhandlungen ausgelaufen war. Der Streik wurde zunächst in einem GM-Werk in Missouri, einem Stellantis-Werk in Ohio und einer Ford-Fabrik in Michigan aufgenommen. Von den Arbeitsniederlegungen sind mehrere populäre Modelle wie der Jeep Wrangler betroffen.
Der Präsident der Gewerkschaft UAW hatte vor der Arbeitsniederlegung erklärt, dass je nach Verlauf der Verhandlungen weitere Arbeitsniederlegungen an anderen Standorten folgen könnten.
Möglicherweise ein Problem für Biden
Der Arbeitskampf bringt auch Präsident Joe Biden in die Zwickmühle: Er gibt sich traditionell als sehr gewerkschaftsfreundlich, ein Rückschlag für die US-Wirtschaft könnte aber seine Hoffnungen auf eine Wiederwahl in gut einem Jahr schmälern.
Ein längerer, flächendeckender Streik in der Autobranche könnte die US-Wirtschaft deutlich belasten. Biden hat denn auch bereits das Gespräch mit beiden Seiten gesucht.
Das hat nicht nur mit der Präsidentenwahl im nächsten Jahr zu tun, sondern auch damit, dass sich Biden schon immer für die Anliegen der Arbeiterinnen und Arbeiter eingesetzt hat: Für gute Jobs mit anständigen Löhnen, von denen eine Familie leben kann. Diese Themen dürfen auch im anstehenden Wahlkampf wichtig werden.
36 Prozent mehr Lohn gefordert
Die Gewerkschaft UAW hat rund 150'000 Mitglieder. Sie fordert Lohnerhöhungen von 36 Prozent über vier Jahre. Nach Angaben des Gewerkschaftschefs sind die Arbeitgeber mit ihren Angeboten nicht über 20 Prozent hinaus gegangen.
Sie weigerten sich demnach zudem, zusätzliche Ferientage zu gewähren und die Renten zu erhöhen, die durch Betriebskassen gesichert werden.
Es stehen riesige Investitionen in E-Mobilität an
«Die US-Autofirmen haben letztes Jahr riesige Gewinne eingefahren, deshalb könnten sie eigentlich problemlos auf die Lohnforderungen der Gewerkschaft eingehen», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi.
Allerdings: Die US-Autoindustrie – mit Ausnahme von Tesla – hat die Transformation hin zu effizienteren, kleineren und vor allem elektrisch angetriebenen Autos in den letzten Jahren völlig verschlafen.
Deshalb seien immense Investitionen nötig, um den Rückstand – etwa gegenüber den chinesischen Autoherstellern, die sich ganz auf E-Autos konzentrieren – aufzuholen, so Bonanomi. Und darum seien die Möglichkeiten für Lohnerhöhungen der Angestellten eben doch beschränkt.
Inflation drückt Verkaufszahlen
«Gleichzeitig haben die Amerikanerinnen und Amerikaner wegen der hohen Inflation weniger Geld und kaufen derzeit eher ein Occasionsauto», so der Wirtschaftsredaktor weiter. Entsprechend kämpfen die US-Autohersteller mittlerweile mit Absatzproblemen.
Immerhin: Den US-Autoproduzenten hilft, dass USA hohe Importzölle auf Autos aus China erheben. Dieser beträgt derzeit 27.5 Prozent. Trotzdem bleiben chinesische E-Autos für manche Amerikanerinnen und Amerikaner attraktiv, zumal es wenig Auswahl an in den USA produzierten E-Fahrzeugen gibt.