Warum sind die Medikamentenkosten gestiegen? Dafür gibt es verschiedene Gründe: mehr Patientinnen, mehr Medikamente pro Person und neue, teure Therapien. In den letzten Jahren hat sich das allgemeine Preisniveau von neuen Präparaten gemäss Helsana sogar verdoppelt. «Ein bisschen Menge und ganz viel Preis», schlussfolgern die Autoren des Arzneimittelreports.
Was hat der demografische Wandel mit den Medikamentenkosten zu tun? Menschen werden immer älter. Die Zahl der Personen über 65 ist im vergangenen Jahr um 2.3 Prozent gewachsen, während die ständige Wohnbevölkerung um 1.7 Prozent zugenommen hat. Mit dem Alter steigt auch der Bedarf an Medikamenten. Immer mehr Menschen brauchen also Medikamente, und viele nehmen nicht nur ein Medikament zu sich, sondern mehrere.
Welche Medikamente haben hohe Kosten verursacht? Krebs- und Immunsystemmittel haben mit 2.8 Milliarden Franken fast ein Drittel der gesamten Medikamentenkosten verursacht. Dabei machen sie nur 1.9 Prozent der Medikamentenbezüge aus. Die durchschnittlichen Jahreskosten der fünf teuersten Krebsmedikamente betrugen rund 90'000 Franken pro Patient.
Welche Kostenfolgen haben die neuen Diabetes- und Abnehmmedikamente? Medikamente mit dem neuen Wirkstoff Semaglutid (enthalten unter anderem im Diabetesmedikament Ozempic und dem Abnehmpräparat Wegovy) konnten häufig nicht termingerecht geliefert werden. Dennoch haben sie Kosten von mehr als 113 Millionen Franken verursacht. Das entspricht einem Plus von fast 40 Prozent. Insgesamt wuchsen die Ausgaben der Krankenkassen für Diabetesmedikamente auf rund 455 Millionen Franken. Bei den neuen Abnehmmedikamenten zeigt sich der Effekt, wonach neue Therapien ältere ersetzen: So haben Ärzte ältere Medikamente, die über die Jahre günstiger wurden, weniger oft verschrieben, da diese auch weniger effektiv sind.
Wie die Kosten in den Griff kriegen? Politisch diskutiert wird derzeit (im Rahmen des Kostendämpfungspakets 2) ein Mengenrabatt. Ab einer gewissen Umsatzschwelle sollen Pharmafirmen den Krankenkassen Rabatte gewähren respektive Kosten zurückerstatten. Die Experten von Helsana sehen darin einen Lösungsansatz. Auch der Pharma-Verband Interpharma bietet Hand, fordert im Gegenzug aber, dass die Preisverhandlungen bei neue Medikamenten zügiger angepackt werden. Die eigentlich definierten Fristen würden nicht eingehalten. Patienten werde dadurch der Zugang zu neueren, wirkungsvollen Medikamenten verwehrt. Weiteres Potenzial orten die Experten der Helsana bei Generika: zwei Drittel der ambulanten Medikamentenkosten entfallen auf Produkte ohne Nachahmerpräparate. Die Einführung von Generika in der Schweiz müsste attraktiver werden.
Gibt es kantonale Unterschiede? In Genf, Neuenburg und im Tessin sind die Medikamentenbezüge pro Person überdurchschnittlich hoch. Appenzell Innerrhoden, Obwalden, Uri und Zug haben die niedrigsten Werte. Das dürfte gemäss Helsana auch mit kulturellen Unterschieden zu tun haben: In der Zentral- und Ostschweiz seien Medikamente vermutlich zurückhaltender eingesetzt worden als im nationalen Durchschnitt.