- Die Pharma-Branche ist ein Zugpferd für die Schweizer Wirtschaft. Sie hat im vergangenen Jahr Medikamente im Wert von mehr als 100 Milliarden Franken exportiert – fast die Hälfte davon in europäische Länder.
- Gerade darum sind die Beziehungen zur EU für die Branche zentral.
- Doch wegen der ungeklärten bilateralen Beziehungen könnte es für die Schweiz bald ungemütlich werden, warnte der Branchenverband Interpharma an seiner Jahresmedienkonferenz.
Fast eine Viertelmillion Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt am Tropf der Pharmaindustrie. Fast die Hälfte aller Exporte aus der Schweiz sind Pharma-Produkte. Und die Branche hat im vergangenen Jahr mehr als sechs Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung investiert – nochmals mehr als im Vorjahr.
Diese gewichtigen Zahlen will die Industrie derzeit nutzen, um ihr dringlichstes Anliegen zu platzieren. Der Bundesrat müsse rasch die Beziehungen der Schweiz zur EU klären, sagt Jörg-Michael Rupp, Präsident des Branchenverbands Interpharma und selbst beim Pharmakonzern Roche tätig. «Das ist essenziell, um Planungssicherheit zu haben. Ansonsten könnte es sehr schnell ungemütlich werden.»
EU arbeitet an neuem Regelwerk
Ungemütlich, weil Untätigkeit im Europa-Dossier Rückstand bedeute. So überarbeitet die EU derzeit ihre Arzneimittel-Gesetzgebung, in Abstimmung mit der europäischen Digitalstrategie. In den Nachbarländern wird es also neue Regeln geben.
Wenn die Schweiz da nicht mitziehe, bedeute das Ungemach, sagt Interpharma-Chef René Buholzer: «Wenn diese Regelungen neu ausgearbeitet werden, hat das grosse Auswirkungen auf den Pharma-Standort Schweiz und auch auf die Abkommen über die technischen Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU.»
Es ist unsere Verantwortung, als grösste Exportindustrie in der Schweiz darauf hinzuweisen, dass ein geregeltes Verhältnis zur EU absolut zentral ist – auch für den Wohlstand in der Schweiz.
Noch anerkennen die EU und die Schweiz die Handelsnormen gegenseitig. Das spare Zeit und Geld. Doch in Stein gemeisselt ist diese Anerkennung eben gerade nicht. Im Umkehrschluss bedeute das: Falls bestehende Abkommen nicht erneuert werden, koste das die Schweizer Pharmafirmen jährlich 500 Millionen Franken, warnt Buholzer. Zudem wäre die Schweiz kaum mehr ein attraktiver Produktionsstandort.
Zwar sei es durchaus Sache des Bundesrats, nach dem Scheitern des Rahmenabkommens Lösungen zu suchen, sagt Buholzer. «Aber es ist unsere Verantwortung, als grösste Exportindustrie in der Schweiz darauf hinzuweisen, dass das absolut zentral ist – auch für den Wohlstand in der Schweiz.» Er hofft, dass die Argumente der Pharma-Branche den Bundesrat dazu bewegen, in Brüssel aktiv zu werden.