Aufenthalte in Spitälern, Arztbesuche, Medikamente: Die Ausgaben für die Gesundheit summieren sich pro Jahr auf über 80 Milliarden Franken. Aus Sicht des Bundesamts für Gesundheit (BAG) gibt es Sparpotenzial, auch bei den Medikamenten.
Indirekte BAG-Kritik an hohen Margen
Vor allem bei neuen Therapien gegen Krebs und seltene Krankheiten seien die Forderungen der Pharmafirmen «sehr hoch», schreibt das BAG. Weniger hohe Margen und damit tiefere Gewinne für die Firmen «würden zu tieferen Preisen für Arzneimittel führen und damit das Gesundheitswesen weniger belasten».
Zwar ist das Schweizer Gesundheitswesen ein komplexes Regelwerk. Die Hersteller haben nicht freie Hand bei den Preisen. Dennoch ortet das BAG Sparpotenzial.
Hohe Investitionen nötig
Aus Sicht des Branchenverbands Interpharma greift die Argumentationslinie «hohe Gewinne, folglich viel Sparpotenzial» zu kurz. Denn nicht alle Pharmafirmen würden hohe Gewinne schreiben. Zugleich würde viel investiert in die Forschung, oftmals vergeblich.
Die Firmen müssten darum Gewinne zur Seite legen können. «Die Arbeit an einem einzigen Medikament dauert zwölf Jahre und kostet Milliarden», sagt René Buholzer von Interpharma.
Zudem müsse ein Teil des Gewinns an die privaten Kapitalgeber zurückfliessen, die das Risiko für Rückschläge tragen. Kritikerinnen argumentieren dagegen, dass teilweise auch öffentliche Gelder in der Forschung stecken.
Überall Preisdruck
Für Big Pharma seien die Preise in der Schweiz relevant, so Buholzer. Und das nicht wegen des Umsatzes, sondern weil sich andere Länder an den Preisen hier orientieren.
Preisdruck gebe es überall, zumal die strukturellen Preistreiber – die älter werdende Bevölkerung und damit der höhere medizinische Bedarf – vielerorts Realität sind. Da sei es «richtig und wichtig», dass über die Kosten gesprochen werde.
Neue Medikamente und Menge machen's aus
Wie viel also soll unter dem Strich als Gewinn bleiben? Diese Frage könne man in allen Branchen diskutieren, sagt Gesundheitsexperte Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis. Er weist darauf hin, dass Pharma-Unternehmen nicht verpflichtet sind, ihre Medikamente überall anzubieten.
Mit anderen Worten: Ist der Preis in der Schweiz zu tief, lohnt sich der Aufwand für die Industrie nicht. Aus Sicht von Kritikerinnen ist das in erster Linie eine Drohkulisse.
Für Schneuwly sind Versorgungslücken dagegen eine reale Gefahr – das zeige sich in der aktuellen Antibiotika-Problematik. Wenige Unternehmen forschen und entwickeln neue Antibiotika, da diese Produkte kaum rentieren.
Schneuwly räumt aber ein, dass einzelne, innovative Therapien sehr teuer seien. Die Kritik an der Industrie sei teilweise berechtigt. Doch: «Die Medikamente als Ganzes sind kein Preistreiber. Immer wieder werden Preissenkungen durch das BAG beschlossen.»
Preistreiber seien vielmehr die Mengen. Er wünscht sich, dass der Nutzen mehr ins Zentrum rücke. «Patienten, Ärzte und Gesundheitsfachleute sollten Therapieziele vereinbaren müssen und bei der Vergütung sollte das Erreichen dieser Ziele eine Rolle spielen», sagt er.
Schneuwlys Vorschlag ist einer von vielen, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen. Auch das BAG hat Reformvorschläge, auch die Politik diskutiert über Anpassungen.