Laut dem Schanghai Container Freight Index kostet ein Schiffscontainer von Asien nach Europa momentan 4000 Dollar. Das ist doppelt so viel wie noch im April und sogar viermal mehr als vor einem Jahr. Die dänische Reederei Maersk berichtet zudem von sich stauenden Schiffen vor einigen Häfen.
Was ist da los? Dominique Nadelhofer vom Schweizer Frachtgiganten Kühne & Nagel sagt, Angebot und Nachfrage seien aus dem Gleichgewicht geraten. Denn erst jetzt mache sich die Verspätung der Schiffe, die wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer rund um Afrika fahren würden, wirklich bemerkbar.
Längere Wege
Normalerweise sind laut Nadelhofer Frachtschiffe von China nach Europa im Durchschnitt 60 bis 70 Tage unterwegs. Allerdings müssten die Schiffe im Moment Afrika umfahren, was dazu führt, dass die Schiffe durchaus über 100 Tage unterwegs seien. «Also was im Dezember und Januar mit der de-facto Sperrung des Roten Meeres passiert ist: Die Konsequenz sehen wir erst jetzt», sagt Nadelhofer.
Weil neun von zehn Containerschiffen mittlerweile rund um Afrika fuhren statt durchs Rote Meer, gerät die eng getaktete Containerschifffahrt momentan zunehmend ins Durcheinander. Aktuell kommt nur noch jedes zweite Containerschiff pünktlich am Bestimmungsort an.
Zudem brächten die verspäteten Schiffe die Zyklen von Containern und Schiffen durcheinander, sagt Dominique Nadelhofer. «Container haben typischerweise andere Wege als Schiffe. Wenn das Schiff nur bis nach Rotterdam fährt, dann geht der Container bis zu uns in die Schweiz. Und wenn alles gut geht, dann sind diese beiden Zyklen abgestimmt. Aber sobald etwas durcheinander kommt, dann passt das – wie aktuell – eben nicht mehr.»
Weihnachten, Silvester und Thanksgiving
Auf diese gestörte Angebotsseite trifft nun aber eine ungeplant höhere Nachfrage: Detailhändler, Läden, Importeure weltweit haben bereits im April damit begonnen, Ware für die Jahresendfeste wie Weihnachten, Thanksgiving, Silvester zu bestellen. Das ist viel früher als normal und treibt die Preise für Container nun in die Höhe.
Denn die Pandemie hat alle gelehrt: Wenn die Welt unsicher ist, füllt man die Lager besser so schnell und früh wie möglich, um nicht wieder auf dem falschen Fuss erwischt zu werden. Und auch die Psychologie spielt mit: Wenn der Nachbarladen schon jetzt seine Weihnachtsware bestellt, macht man das auch.
Wir sind zuversichtlich, dass es auch zu diesen Weihnachten wie gewohnt die Päckli unter dem Baum geben wird.
Könnte die angespannte Lage in der Seefracht das Weihnachtsgeschäft gar vermiesen? Dominique Nadelhofer glaubt das nicht: «Wir sind zuversichtlich, dass es auch zu diesen Weihnachten wie gewohnt die Päckli unter dem Baum geben wird.» Dies, weil die hohen Containerpreise zeigten, dass früher als üblich bestellt, also vorgesorgt werde.
Für Konsumenten und Konsumentinnen bedeutet das, dass es Weihnachtspakete gibt, sie vermutlich aber teurer als auch schon sind. Hingegen für Logistiker und Reedereien bedeuten die stark steigenden Containerpreise vor allem mehr Gewinn: Viele haben in den letzten Tagen ihre Gewinnprognosen stark angehoben.