Drei bis acht Prozent der Treibhausgasemissionen gehen gemäss dem Beratungsunternehmen McKinsey auf die globale Modeindustrie zurück. Grossflächig etwas zu ändern, scheint der Branche schwer zu fallen. «Zwei Drittel der Marken sind zu langsam unterwegs, um ihre selbst gesetzten Ziele zu erreichen», sagt der Modebranche-Experte, Karl-Hendrik Magnus von McKinsey.
Corona, der Ukraine-Krieg und die Inflation hätten das Thema auf der Agenda der Mode-Konzerne nach hinten verdrängt. Zudem seien viele nachhaltige Materialien zu teuer, um Kleidung zu einem attraktiven Preis anbieten zu können.
Was zählt, ist der Preis
Dass der Preis für viele Kundinnen und Kunden ein entscheidendes Kriterium ist, zeigt der Erfolg von Billiganbietern von Fast Fashion wie Temu oder Shein. So hat die chinesische Online-Plattform Shein ihren Umsatz in der Schweiz gemäss der Unternehmensberatung Carpathia innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht.
«Der Wert von einem Kleidungsstück geht völlig verloren, wenn man Kleider so billig kaufen kann», gibt Yannick Zamboni zu bedenken. Der Schweizer Designer produziert mit seinem Label «Maison Blanche» nachhaltige Mode. Nachhaltig heisst für Zamboni unter anderem faire Arbeitsbedingungen und Löhne, nachhaltige Materialien und die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette.
Ebenfalls auf Nachhaltigkeit setzt der Schweizer Modehändler Rrrevolve. Während die Umsätze ab 2017 jährlich um rund 50 Prozent gewachsen sind, sind es ab 2022 nur noch sieben Prozent gewesen.
Die Klimajugend ist gekommen, die Klimajugend ist aber auch wieder gegangen.
Die Kundschaft habe sich verändert. «Die Klimajugend ist gekommen, die Klimajugend ist aber auch wieder gegangen», sagt Gründer Sebastian Lanz. «Ob sie sich einfach nicht mehr für Nachhaltigkeit interessieren oder ob sie mehr Secondhand einkaufen, wissen wir nicht.»
Ohne Regulierung wird es schwierig
McKinsey erwartet, dass die Emissionen der Branche bis 2030 um etwa 30 Prozent steigen werden, sofern die Modeindustrie keine weiteren Massnahmen ergreift. Es brauche mehr Wirtschaftlichkeit. Erst wenn nachhaltige Stoffe in grossen Mengen produziert würden, kämen die Preise runter, sagt der McKinsey-Experte. Zudem brauche es mehr Zusammenarbeit zwischen den Modemarken.
Die EU will die Modeindustrie mit neuen Regulierungen zu mehr Nachhaltigkeit zwingen. So fördert sie etwa die Kreislaufwirtschaft. Das heisst unter anderem, dass Produkte und Materialien möglichst langlebig sein sollen und wiederverwendet werden können. Ausserdem verbietet die EU künftig die Vernichtung unverkaufter Kleidung. Sebastian Lanz begrüsst diese Entwicklung. «Ohne diese Regulierungen bezweifle ich, dass wirklich etwas passieren würde.»
In der Verantwortung steht auch die Kundschaft
Trotz allen Bemühungen aus der Politik und der Modebranche – welches T-Shirt letztlich im Schrank landet, entscheidet der Kunde. «Die Menschen dürften sich noch mehr informieren. Auch wenn es nicht immer einfach ist herauszufinden, ob ein Kleidungsstück tatsächlich nachhaltig ist oder nur nachhaltig draufsteht», sagt der Designer Zamboni.
Es ist ein Huhn-Ei-Problem. Gibt es kein vielfältiges Angebot zu attraktiven Preisen, ist nachhaltige Kleidung für die Kunden uninteressant. Fragen Kunden umgekehrt keine nachhaltigen Produkte nach, gibt es für Unternehmen wenig Anreiz, etwas zu ändern.