Ihre Entscheide kommuniziert die Finma meist schnörkellos – so auch am Dienstag, als sie die Ergebnisse des sogenannten Enforcement-Verfahrens gegen die Credit Suisse wegen der Milliardenpleite im Greensill-Skandal präsentierte. Nüchtern stellt sie in ihrem Communiqué fest: Die Bank habe «in schwerer Weise» gegen die aufsichtsrechtlichen Pflichten verstossen. Die Folge: Die Geschäftsleitung muss nun hunderte ihrer Geschäftsbeziehungen periodisch auf mögliche Risiken überprüfen.
Die Finma setzt – zum wiederholten Male – einen externen Aufpasser in die Grossbank. Er soll sicherstellen, dass diese Vorgaben auch wirklich umgesetzt werden.
Umfangreicher Massnahmen-Katalog
Ein Enforcement-Verfahren wie dieses hat den Zweck, den ordnungsgemässen Zustand einer Firma wieder herzustellen. Es gehört zu den schärfsten Waffen der Finma. Die Aufsichtsbehörde kann damit tief in die operative Führung fehlbarer Institute eingreifen. In gravierenden Fällen zieht die Finma Gewinne, die durch unsaubere Machenschaften erwirtschaftet wurden, ein. Sie erteilt einzelnen Personen Berufsverbote oder entzieht Instituten die Lizenz.
Jedes Jahr schliesst die Finma etwa 50 bis 60 solche Enforcement-Verfahren ab. Etwa die Hälfte davon betrifft Banken. Kommuniziert wird darüber nur in Ausnahmefällen.
Unter Druck von allen Seiten
Die Handlungsfähigkeit der Finma ist mehrheitlich auf die oben dargestellten Massnahmen beschränkt. Das ist politisch so gewollt. Bussen verteilen darf sie nicht. Deshalb steht sie auch oft in der Kritik, wirkungslos zu sein. Gerade das Beispiel der Credit Suisse zeigt: Die Finma ist bei diesem Institut Dauergast, ohne, dass Meldungen über Skandale spürbar abnehmen. Nicht wenige Politikerinnen wollen das Gesetz darum anpassen und der Finma erlauben, auch Bussen zu verteilen.
Die Finma selbst hat zuletzt gewarnt, dass insbesondere Bussen gegen einzelne fehlbare Personen dazu führen könnten, dass diese nicht mehr kooperieren und die Behebung der Missstände damit erschwert würde. Druck auf die Finma kommt aber auch von vielen Banken. Für sie ist die Finma zu mächtig. Sie versuchen sie – zum Teil erfolgreich – mit politischen Vorstössen zu schwächen.
Skandale bei den Banken reissen nicht ab
In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu gravierenden Gesetzesverstössen von Bankangestellten, die Enforcement-Verfahren der Finma nach sich zogen. Die Credit Suisse war dabei gleich in mehrere Verfahren verwickelt, so etwa in den Mozambique-Kreditskandal, in die Geldwäschereifälle des brasilianischen Mineralölunternehmens Petrobras, des venezolanischen staatlichen Ölkonzerns PDVSA, des malaysischen Staatsfonds 1MDB und in die Korruptionsfälle im Weltfussballverband Fifa.
Sechs bedeutende Enforcement-Verfahren der Finma
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Bild 1 von 10Legende: 2012: Sanitas/ KPT Die ehemaligen KPT-Verwaltungsräte Walter Bosch (rechts) und Bernhard Liechti hatten sich bei einer geplanten Fusion der Krankenkassen Sanitas und KPT persönlich bereichern wollen und mussten für sechs Monate in Gefängnis. Die Finma erteilte beiden ein vierjähriges Berufsverbot. KEYSTONE/PETER SCHNEIDER
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Bild 2 von 10Legende: 2016: Falcon-Bank Die Zürcher Privatbank geriet wegen des Korruptionsskandals um den malayischen Staatsfonds 1MDB ins Visier der Aufsichtsbehörde. (1/2) KEYSTONE/Ennio Leanza
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Bild 3 von 10Legende: Die Finma stellte fest, dass Falcon wegen ungenügender Abklärungen von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen gegen die Geldwäschebestimmungen verstossen habe. Die Bank musste ihre Lizenz abgeben und existiert heute nicht mehr. (2/2) KEYSTONE/Ennio Leanza
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Bild 4 von 10Legende: 2018: Julius Bär Die Finma hatte beim Vermögensverwalter Julius Bär im Kontext mutmasslicher Korruptionsfälle rund um den staatlichen venezolanischen Ölkonzern Petróleos de Venezuela und der Fifa schwere Mängel in der Geldwäschereibekämpfung festgestellt. (1/2) KEYSTONE/Ennio Leanza
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Bild 5 von 10Legende: Die Aufsichtsbehörde verbot der Bank vorübergehend komplexe Firmenübernahmen. (2/2) KEYSTONE/Ennio Leanza
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Bild 6 von 10Legende: 2018: Mehrere Banken Im Skandal um den brasilianischen Ölkonzern Petrobras hatte die Bundesanwaltschaft über 300 kritische Kontobeziehungen bei über 30 Bankinstituten in der Schweiz ausfindig gemacht. (1/2) Reuters /Sergio Moraes
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Bild 7 von 10Legende: Millionen an Schmiergeldern flossen vom Konzern auf Schweizer Bankkonten. 400 Millionen wurden gesperrt. Die Finma führte bei verschiedenen Banken Enforcement-Verfahren durch, verlangte oranisatorische Verbesserungen oder zog Gewinne ein. (2/2) Keystone/EPA/MARCELO SAYAO
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Bild 8 von 10Legende: 2021: Credit Suisse Eine verrostende Thunfisch-Flotte im Hafen von Maputo. Betrügerische CS-Banker hatten sich mit der Finanzierung der Flotte persönlich bereichert. Sie trieben das Land mit einem Milliardenkredit in die Zahlungsunfähigkeit. Im Schlussbericht des Enforcement-Verfahrens rügte die Finma das Risikomanagement der Grossbank. Imago
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Bild 9 von 10Legende: 2022: Credit Suisse Berater der Credit Suisse hatten jahrelang Geld von Investoren in den als risikoarm beworbenen Fonds Greensill angelegt, ohne das Geschäftsmodell zu verstehen. Investoren und die Bank verloren Milliarden. (1/2) Archiv/REUTERS/Arnd Wiegmann
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Bild 10 von 10Legende: Dabei habe die CS «in schwerer Weise gegen aufsichtsrechtliche Pflichten» verstossen und es über Jahre hinweg versäumt, Risiken angemessen zu erfassen, heisst es von Seiten der Finma. Der Bank wird unter anderem ein Aufpasser bei Seite gestellt. (2/2) Reuters
Diese Fälle betreffen aber nicht nur die Credit Suisse. Insgesamt führten Korruptions- und Geldwäschereifälle zu Enforcement-Verfahren bei über 20 Banken. Neben der Credit Suisse finden sich darunter auch Julius Bär, die Bank Syz, Credinvest, Falcon-Bank, Rothschild-Bank oder die Traditionsbank BSI, der die Lizenz entzogen wurde.
Die Finma sprach damals von einer Bedrohung für den Finanzplatz Schweiz. Die Banken haben aufgrund der Ermittlungen ihre Compliance-Strukturen angepasst. Wie nachhaltig das geschah, wird sich zeigen müssen.