Der Begriff «window of opportunity» ist am Anlass der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation oft zu hören. Auch der neue Schweizer Botschafter in Washington, Jacques Pitteloud, spricht von einer Gunst der Stunde. «Wenn wir über ‹window of opportunity› sprechen, geht es vor allem darum, dass im Moment die politischen Zeichen günstig sind. Und dass das richtige Wahljahr noch nicht angefangen hat.»
Doch dieses richtige Wahljahr 2020 beginnt bald. Ab Frühling wird es das politische Geschehen in den USA dominieren und der Ausgang der Wahlen lässt sich nicht voraussagen. Inzwischen wartet die Schweiz auf eine Rückmeldung des Büros des US-Handelsbeauftragten. Das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat die aus Schweizer Sicht relevanten Fragen für mögliche Verhandlungen formuliert.
Warten auf grünes Licht des Bundesrats
Das Problem sei nicht, dass das Anliegen in Washington nicht angekommen sei, so der Botschafter. «Das Problem ist, dass sich beide Seiten wirklich entscheiden müssen, ob sie in das Gespräch einsteigen wollen.» Es brauche ein Mandat des Bundesrates. Und dieses sei noch nicht da. «Es ist nicht an uns, zu entscheiden, ob das Mandat eine gute Sache wäre. Aber wenn oder sobald es kommt, dann sind wir bereit, in die Gespräche einzusteigen.»
Auch Anthony Kim von der Heritage Foundation spricht von einem engen Zeitfenster. Man müsse schnell handeln, sagt er. Der konservative Thinktank mit beachtlichem Einfluss auf das Weisse Haus hat die Idee für neue Freihandelsgespräche mitlanciert. Seine Experten sehen darin die Möglichkeit, mitten im Vielfronten-Handelsstreit ein konstruktives Beispiel für einen Freihandelsvertrag zwischen zwei wirtschaftlich ähnlich entwickelten Handelspartnern zu schaffen.
Kim hofft, dass Trump selber die Initiative ergreifen wird und nennt als mögliche Plattform das WEF, das Weltwirtschaftsforum in Davos, an dem der Präsident im Januar teilnehmen will. Doch auf Davos hat man schon letztes Jahr gehofft, bis Trump kurzfristig seine Pläne änderte und nicht anreiste.
Hoffen auf einen Besuch Trumps in Davos
Die Idee für neue Freihandelsgespräche zwischen der Schweiz und den USA baut auf die handelspolitischen Vorlieben Trumps: Bilateralismus statt Multilateralismus. «Er möchte bilaterale Verträge mit vielen abschliessen. Das ist die Chance für die Schweiz, auch den Bilateralismus zu fahren», sagt der Direktor von Avenir Suisse, Peter Grünenfelder.
Der wirtschaftsnahe Schweizer Think Tank macht sich hierzulande stark für ein mögliches Freihandelsabkommen mit den USA und unterstreicht den wirtschaftlichen Nutzen für die Schweizer Wirtschaft, aber auch den Bedarf nach Rechtssicherheit in einem sich verhärtenden Weltwirtschaftsklima.
Doch ist die Trump-Regierung wirklich bereit, gleichberechtigte bilaterale Freihandelsverträge abzuschliessen, die austariert sind und letztlich auf einer Verhandlungseinigung beruhen? «Wir sehen in der Trump-Regierung eine Regierung, die zumindest nach aussen das Bild projiziert, dass sie für bilaterale Freihandelsverträge einsteht. Die Praxis wird zeigen, ob das tatsächlich der Fall ist», sagt Pitteloud etwas herausfordernd.