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Northvolt: Droht Europas grösster Batteriefabrik der Untergang?
Aus Echo der Zeit vom 22.11.2024. Bild: Reuters/Helena Soderpalm
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Batteriefabrik Northvolt Europas grösste Batteriefabrik vor dem Aus?

Northvolt, die grösste Batteriefabrik von Europa, steht finanziell am Abgrund. Dabei sollte die Fabrik Europa unabhängiger machen von der asiatischen Konkurrenz. Ein Besuch in den schwedischen Fabrikhallen.

Im Norden von Schweden steht ein Vorzeigeprojekt von Europa: die Batteriefabrik von Northvolt. Sie soll sicherstellen, dass Europa beim Auto der Zukunft – beim Elektroauto – nicht von der asiatischen Konkurrenz abgehängt wird.

Die Kunst der Batterieherstellung

Die Fabrikhallen von Northvolt sind mehrere Hundert Meter lang. Drinnen sieht es aus wie in einem Labor: Die Angestellten tragen Ganzkörperanzüge, die Produktion findet unter absolut sterilen Bedingungen statt. «Es darf kein Partikel, kein Staub in die Batteriezellen hineinkommen, weil sie sonst kaputtgehen können», erklärt Matti Kataja, der Kommunikationschef bei Northvolt.

Person in gelber Jacke und Helm vor grauer Gebäudewand.
Legende: Matti Kataja, Kommunikationschef von Northvolt, auf dem Rundgang durch die Fabrik. Fotografieren innerhalb der Fabrik war verboten. SRF / Matthias Heim

Allerdings kämpft Northvolt seit Monaten mit den hohen Qualitätsanforderungen. Das erklärt auch, weshalb es der Firma inzwischen so schlecht geht und das Unternehmen nicht die gewünschte Menge Batteriezellen liefern kann. BMW hat der Firma deswegen im Sommer einen Zwei-Milliarden-Euro-Auftrag entzogen.

Von der Batteriezelle zur Batterie

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Northvolt stellt in der nordschwedischen Stadt Skelleftea Batteriezellen für Elektroautos und -lastwagen her. Es sind Lithium-Ionen-Zellen. Sie haben die Grösse einer Videokassette.

Die Kundschaft – es sind die grossen Autokonzerne wie VW, Volvo und der Lastwagenhersteller Scania – bündelt anschliessend diese Zellen und verpackt sie feuer- und stossfest. Das ist die eigentliche Batterie.

Für eine Batterie in einem mittelgrossen Elektroauto werden rund 100 Zellen benötigt.

Die Autohersteller verlangen einwandfreie Zellen, weil sonst Schäden und Fehlfunktionen in den Batterien drohen. Im Extremfall müssen die Autokonzerne bereits ausgelieferte Fahrzeuge wieder zurückrufen. Solche Rückrufaktionen sind teuer und schaden dem Ruf.

Auf diese Probleme angesprochen, weicht Matti Kataja aus und hebt die jüngsten Fortschritte hervor: «Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen, aber es geht in die richtige Richtung.» Die Frage ist allerdings, ob die Firma dafür noch Zeit und Geld hat.

Hohe Kosten – wenig Einnahmen

Die Kasse der Firma ist praktisch leer, weil die Firma bisher kaum etwas verdient: Vergangene Woche hatte Northvolt noch flüssige Mittel von 30 Millionen Dollar. Dem stehen Schulden von 5.8 Milliarden Dollar gegenüber.

Angesichts dieser Lage hat die Firma vergangene Woche in den USA Gläubigerschutz gemäss «Chapter 11» beantragt. Das heisst, die Firma erhält nun einige Monate Zeit, sich neu aufzustellen und neue Investoren an Board zu holen. Allerdings ist der Finanzbedarf gross: Für einen langfristigen Betrieb benötigt Northvolt mehrere Hundert Millionen Dollar.

Was macht Volkswagen?

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Der VW-Konzern ist der grösste Aktionär von Northvolt und hält ein Aktienpaket von 21 Prozent. Bisher hat sich der Konzern nicht konkret dazu geäussert, ob er Northvolt weiteres Kapital zur Verfügung stellt. VW stehe «in engem Austausch mit Northvolt», teilt Volkswagen auf Anfrage von Radio SRF mit, ohne allerdings konkretere Angaben zu machen.

Jedoch ist fraglich, ob VW bei einer weiteren Finanzierungsrunde mitmacht. Mittelfristig dürfte VW nicht mehr auf die Batterien von Northvolt angewiesen sein. Zum einen baut VW seit einigen Jahren mit seiner Tochterfirma PowerCo eine eigene Batteriefirma auf. In der neuen Fabrik im deutschen Salzgitter will VW ab 2025 mit der Serienproduktion von Batterien beginnen, in Kanada befindet sich eine zweite Batteriefabrik im Bau.

Zum anderen befindet sich der Konzern selbst in einer angespannten Situation: In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist der Gewinn eingebrochen. Zudem sind nicht mehr alle Fabriken in Deutschland ausgelastet und VW denkt deshalb über die Schliessung von zwei bis drei Fabriken nach.

Als Folge der Umstrukturierung ist auch der Mitgründer und Firmenchef Peter Carlsson zurückgetreten und macht einer neuen Führung Platz.

Allerdings ist Northvolt nicht nur aufgrund der Produktionsprobleme in Schieflage geraten. Die Firma hat auch strategische Fehler gemacht und wollte zu viel auf einmal. Zusätzlich zur Fabrik in Schweden wollte Northvolt neue Fabriken in Deutschland, Polen und Kanada bauen. Wie es mit diesen Projekten weiter geht, ist offen.

Die asiatischen Firmen sind führend bei der Batterieherstellung

Bei den Batterien für Elektroautos dominieren heute die chinesischen und südkoreanischen Firmen. Je nach Batterietyp kommen sie auf einen Marktanteil von bis zu 90 Prozent und sind heute der europäischen Konkurrenz voraus.

Die asiatische Dominanz zeigt sich auch in den Hallen von Northvolt: Nebst europäischen sind viele asiatische Maschinen und Fachkräfte im Einsatz. «Um eine Batterieproduktion in Europa aufzubauen, müssen wir mit asiatischen Firmen zusammenarbeiten. Das sind heute die führenden Firmen in der Batterieproduktion», erklärt Matti Kataja.

Angesichts der kritischen Ausgangslage ist jedoch ungewiss, ob Europas Vorzeigeprojekt doch noch Fahrt aufnimmt oder endgültig abstürzt.

Echo der Zeit, 22.11.2024, 18 Uhr

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