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Kreml verstaatlicht Carlsberg – nun zittern Schweizer Firmen
Aus Echo der Zeit vom 13.08.2023. Bild: REUTERS/Andrew Kelly/File Photo
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Beispiel Danone und Carlsberg Kreml verstaatlicht Firmen – nun zittert auch die Schweiz

Mitte Juli hat Moskau die russischen Produktionen von Danone und Carlsberg über Nacht verstaatlicht. Die Beispiele zeigen: Keine internationale Firma ist vor dem Kreml noch sicher – auch Schweizer Unternehmen nicht.

Weder Danone noch Carlsberg hatten nur im Geringsten mit der Verstaatlichung gerechnet. Beide Konzerne hatten für ihr russisches Geschäft bereits Käufer gefunden. Dies zeigt, wie unberechenbar das Geschäften in Russland geworden ist.

Von rund 3400 internationalen Firmen, die vor dem Überfall auf die Ukraine in Russland tätig waren, haben es erst 265 geschafft, das Land ganz zu verlassen – sprich Fabriken und Niederlassungen zu verkaufen oder zu liquidieren.

Zehn dieser Unternehmen sind Schweizer Firmen. Damit habe eine von sieben Schweizer Firmen, also 14 Prozent, Russland mittlerweile ganz verlassen, sagt Finanzexperte Andri Onoprienko von der Kiev School of Economics. Darunter sind die Zurich Versicherung und der Logistiker Kühne+Nagel. Beide haben vor einem Jahr schon alles verkauft.

Experte: «Irrationales Verhalten Russlands»

Der schnelle Ausstieg aus dem Russlandgeschäft habe sich bezahlt gemacht, sagt Onoprienko. Weil das Verhalten Russlands gegenüber internationalen Firmen immer irrationaler werde. Er verfolgt seit Ausbruch des Krieges täglich, was internationale Firmen in Russland tun. Sein Team wertet Handelsregister aus, analysiert Bilanzen von lokalen Fabriken und Niederlassungen.

Mann an Pult. Dahinter russische Fahne. Pokerface.
Legende: Unberechenbare Politik gegenüber ausländischen Firmen: Kreml-Chef Wladimir Putin. Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin via REUTERS

Die Hälfte der Schweizer Firmen, rund 70 an der Zahl, habe vor dem Krieg in Russland juristische Einheiten besessen. Diese zu verkaufen, sei fast unmöglich geworden, sagt Onoprienko. Der Kreml erlasse täglich neue Regeln, ohne Bewilligung gehe nichts mehr. Und alles werde verzögert.

Je grösser, desto gefährdeter

Am eigenen Leibe erfahren dies Holcim und ABB. Der Zementhersteller Holcim will raus, aus Russland.

Stellungnahme Holcim

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«Holcim hat Ende Dezember 2022 eine Vereinbarung zum Verkauf seines Geschäfts in Russland an ein lokales Management unterzeichnet. Der Abschluss der Vereinbarung steht noch aus, da wir auf die Zustimmung der Behörden warten.»

Auch der Maschinenkonzern ABB will seit einem Jahr weg. Vollzogen ist der Ausstieg immer noch nicht – obwohl man die Produktion in Russland längst eingestellt hat.

Wer seinen Besitz in Russland nicht verkaufen kann – oder nicht will – läuft Gefahr, das Schicksal von Danone und Carlsberg zu erleiden. Fragt sich, welche Schweizer Firmen am gefährdetsten sind.

Grundsätzlich alle, sagt Onoprienko. Am stärksten exponiert seien jene mit dem grössten Umsatz in Russland. Das sind aus Schweizer Sicht Schwergewichte wie Nestlé, Novartis, Sandoz, Roche, Holcim oder auch Barry Callebaut. Ihre Umsätze in Russland variieren zwischen knapp 100 Millionen Dollar und über einer Milliarde.

Verhaltene Kommunikation

Wie sehr sich Nestlé und Co. selber vor einer Verstaatlichung fürchten, wollen die meisten gegenüber Radio SRF nicht sagen. Der Nahrungsmittelmulti aus Vevey betreibt in Russland sechs Fabriken. Der Schokoladeproduzent Barry Callebaut, der in Russland drei Fabriken betreibt, antwortet schriftlich.

Stellungnahme Barry Callebaut

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«Wir möchten von Spekulationen, wie zu einer möglichen Nationalisierung, absehen.»

Auch Novartis nimmt schriftlich Stellung.

Stellungnahme Novartis

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«Novartis und Sandoz bleiben in Russland präsent. Wir haben derzeit eine Fabrik in St. Petersburg, die Medikamente für den lokalen russischen Markt herstellt. Unsere Experten beobachten die Situation in Russland fortlaufend.»

Laut der Datenbank der Kiev School of Economics machen Novartis und Sandoz um die 800 Millionen Dollar Umsatz in Russland.

Seco beobachtet

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco verfolgt die Lage eng. Man nehme die Gefahr von Zwangsverwaltungen ernst, schreibt das Seco. Sollte es dazu kommen, würde die Schweiz «Interventionen prüfen». Man sei sich aber bewusst, dass solche im heutigen Umfeld nur begrenzt wirksam wären.

Sprich: Die rund 60 Schweizer Firmen, die noch Fabriken oder Niederlassungen haben in Russland, sind dem Kreml ausgeliefert.

Echo der Zeit, 13.08.2023, 18:00 Uhr

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