In normalen Zeiten mixt Brigitta Müller den Gästen Drinks an der Bar des Restaurants Landhaus im Liebefeld bei Bern. Doch Corona hat aus der Barfrau eine Chauffeuse gemacht.
Zweimal pro Tag liefert sie nun telefonisch bestellte Speisen zu den Kunden nach Hause. Vom hausgemachten Hackbraten bis zum Chateaubriand ist alles möglich, angerichtet auf vorgeheizten Porzellantellern.
Geliefert ohne Kartonschachtel
Es sei ein Angebot für Leute, die mehr wollten als eine Pizza in der Kartonschachtel oder ein Nudelgericht in der Styroporbox, sagt Geschäftsführer Tom Christen.
Für Menschen also, die einen runden Geburtstag, den Hochzeitstag oder die Beförderung feiern und die trotz geschlossener Restaurants nicht auf ein Festessen verzichten wollen: «Genau dieses Kundensegment freut sich extrem, wenn es an einem speziellen Tag doch noch etwas Gutes zu essen bekommt.»
Alle Angestellten werden weiterbeschäftigt
Auch das Landhaus profitiert. Immerhin ein Drittel des normalen Umsatzes machen Tom Christen und sein Team mit dem neuen Auslieferdienst. Das ist genug, um alle 44 Angestellten in der Krise weiterbeschäftigen und die Kurzarbeitsentschädigungen auf 100 Prozent des früheren Lohns aufstocken zu können.
Bereits überlegt sich Christen, den Hauslieferservice langfristig weiterzuführen. Denn nach Covid-19 werde vieles nicht mehr so sein wie vorher: «Gewisse Leute werden mehr zu Hause bleiben. Deshalb entwickeln wir das Konzept so, dass wir weiterhin einen Lieferdienst führen können.»
Dieser müsste allerdings in Zusammenarbeit mit einem externen Partner geführt werden. Die eigenen Angestellten werden nach Corona schliesslich wieder in Bar, Buchhaltung oder Service gebraucht.
Nachhaltige Veränderung?
Take-away-Angebote, Lieferdienste, Catering-Services oder Störköche, die für besondere Anlässe in privaten Haushalten kochen, waren schon vor Corona im Aufwind. Jetzt erleben solche Dienstleistungen einen regelrechten Boom – und der werde langfristig anhalten, ist Christa Augsburger überzeugt.
Die Direktorin der Hotelfachschule Luzern vermutet aber, dass auch in den Gaststätten selber Veränderungen anstehen: «Die Abstände werden bewusst auch in einer Nach-Coronazeit grösser gehalten werden. Und das Angebot für junge Leute wird sich wieder mehr von dem für ältere Generationen unterscheiden.»
Bankette und Buffets wird es weniger geben
Vor allem die älteren Gäste dürften noch lange verunsichert sein wegen des Virus. Bankette zum Beispiel würden wohl nach Möglichkeit gemieden, in Hotels das gewohnte Frühstücksbuffet vermehrt mit «Room Service» ersetzt.
Das alles verteuert das Gastgewerbe und setzt einfachere Häuser noch mehr unter Druck. Viele werden auf der Strecke bleiben, befürchtet Tobias Hüberli, Chefredaktor des Fachmagazins «Salz + Pfeffer». Aber wer die Corona-Krise überlebe, werde hoffentlich ungefähr so wirten können wie zuvor.
Allzu harsche Abstandsregeln, Plexiglasscheiben zwischen den Gästen oder Schutzmasken für das Personal wären jedenfalls der Tod der Gastronomie: «Diese Branche lebt von der Herzlichkeit, von der Atmosphäre. Mit Schutzkleidung und Handschuhen ist das nicht zu machen.»
Nähe und zwischenmenschliche Kontakte gehörten nun mal zu einem Beizenerlebnis. Das werde immer so bleiben – trotz Corona. «Wir werden zwar lange daran kauen, aber die Seele der Gastronomie wird sich nicht verändern.»