Seit 2016 verbindet eine moderne Bahnlinie Äthiopien mit Dschibuti am Golf von Aden. Für das Binnenland Äthiopien sind die gut 750 Kilometer Schienen eine wichtige Handelsader. Via den Hafen von Dschibuti wickelt Äthiopien einen Grossteil seines Aussenhandels ab. Und China ist Äthiopiens wichtigster Handelspartner.
Das Bahnprojekt wurde im Rahmen der chinesischen Belt-and-Road-Initiative (BRI) umgesetzt. Es geht um ein weltumspannendes Handelsnetz – eine «neue Seidenstrasse», in die China viel Geld steckt. Alleine für die Bahnstrecke hatte China Kredite von etwa drei Milliarden Dollar vergeben. Indirekt ist das Geld wieder nach China geflossen. Denn chinesische Unternehmen bauten die Strecke selbst und lieferten die passenden Züge gleich dazu.
Ausländische Firmen profitieren nicht
Bei solch gigantischen Infrastruktur-Projekte in Drittstaaten entlang den Handelsrouten von China nach Asien, Europa und Afrika wittern nicht-chinesische Unternehmen lukrative Beteiligungen. Doch bisher blieben ausländische Firmen oft aussen vor.
Gerade in Drittstaaten wäre man bei solchen Seidenstrasse-Projekten gerne mit dabei, sagt Molinari-Rail in Winterthur. Die hoch-spezialisierten Ingenieure bringen Schweizer Eisenbahn-Know-how in die ganze Welt. So auch in ein kleineres Eisenbahn-Projekt in Äthiopien, das durch europäische Entwicklungsbanken finanziert ist. Das Problem mit den BRI-Projekten sei: «Chinesische Projekte werden in erster Linie für chinesische Firmen entwickelt.»
Gemeinsame Absichtserklärung soll helfen
Bundespräsident Ueli Maurer unterzeichnete Ende April ein Memorandum of Understanding mit China. Es soll «die Zusammenarbeit bei Handel, Investitionen und Projektfinanzierung» ausbauen. Die Hoffnung: Zugang für Schweizer Unternehmen zu solchen Projekten. Aber auch: China dazu zu bringen, internationale Standards bei Infrastruktur-Projekten zu verfolgen.
Diese Woche diskutierten Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft, wie sich der Zugang zur neuen Seidenstrasse finden lässt. Die im April unterzeichnete Absichtserklärung mit China sieht als wichtigstes Instrument sogenannte Austausch-Plattformen vor. Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse, glaubt an die Chance, dass Schweizer Unternehmen sich an BRI-Projekte beteiligen können. «Entscheidend ist, dass sie wissen, welche Vorhaben es gibt, wie die Ausschreibung dort funktionieren.»
Absichtserklärung mehr als Papiertiger?
In Winterthur freut man sich über die Absichtserklärung. Sie gäbe einen institutionellen Rahmen. Kurzfristig sei es zwar wohl weiterhin schwierig an Aufträge zu kommen, «aber wir können die Gespräche beginnen und mittelfristig hoffen wir, Abschlüsse zu erreichen», sagt Molinari.
Ob eine Plattform reichen wird, an den chinesischen Infrastrukturausgaben zu partizipieren, wird sich jedoch noch weisen.