Dass die Finma ein aufsichtsrechtliches Verfahren (Enforcement) gegen die Grossbank einleitet, heisst schon einiges: Nämlich, dass bei der Voruntersuchung der Beschattungsaffäre Hinweise aufgetaucht sind, welche möglicherweise auf aufsichtsrechtlich relevante Tatbestände hindeuten.
Denn ein Enforcement-Verfahren ist aufwendig und teuer, und die Finma würde nicht ohne dringlichen Verdacht auf relevante Vorkommnisse ein solches eröffnen.
Wer was wann gewusst hat
Die Finma interessiert sich in diesem Falle vor allem für die Corporate Governance der Bank. Das heisst, sie will wissen, ob die Prozesse und Strukturen, innerhalb derer sich der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung zu bewegen haben, auch eingehalten wurden.
Ein Fokus des Verfahrens dürfte auf der Kommunikation innerhalb der Bank liegen. Also: Wer war wann über die Bespitzelungsaufträge informiert, und welche Kommunikationskanäle nutzten die involvierten Personen.
Es kann sein, dass die Finma aufsichtsrechtlich relevante Mängel feststellt, diese aber mit dem Abgang des Ex-Chefs Tidjane Thiam und anderer Konzernleitungsmitglieder schon als behoben ansieht.
Denkbar ist aber auch, dass die Credit Suisse an ihren Corporate-Governance-Strukturen nachbessern muss. Zum Beispiel bei der Kommunikation zwischen der Konzernleitung und dem Verwaltungsrat. Denn letzterer betonte stets, dass er von den Bespitzelungsaufträgen nichts gewusst habe.
Präsident Rohner nicht aus dem Schneider
Trotzdem oder gerade deswegen könnte der Verwaltungsrat um Präsident Urs Rohner ins Visier der Behörde geraten. Als oberstes Kontrollorgan der Firma waren Rohner und seine Kolleginnen und Kollegen auch für die Kontrolle der Beschattung zuständig, sofern sie eben Kenntnis davon hatten. Damit rückt wieder die Frage der Kommunikation ins Zentrum, die nun Bestandteil des Finma-Verfahrens sein wird.
Die Bank selbst betont heute nochmals in einem Communiqué, dass sie vollumfänglich mit der Finma kooperieren wolle und, dass die Beschattung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht Teil ihrer Kultur sei.