Die Swiss präsentiert ihre Bilanz. Jens Fehlinger übernahm den Chef-Posten erst im Oktober 2024. Und doch war es möglich, das zweitbeste Ergebnis der Firmengeschichte zu erzielen. Sein Erfolgsrezept verrät der CEO im Interview.
SRF News: Sie übernehmen ein Unternehmen, das gut dasteht: Eigentlich kann es fast nur abwärts gehen?
Jens Fehlinger: So gehe ich nicht an die Aufgaben heran. Ich habe den Ehrgeiz, uns zu verbessern. Ich empfinde es nicht als Bürde, sondern als grosse Herausforderung, auf die ich mich freue.
Die Swiss schreibt Gewinn: 684 Millionen, in einem sehr harten Umfeld. Warum muss die Swiss überhaupt so viel Geld verdienen? Sie könnten auch einfach sagen: Jetzt machen wir die Tickets günstiger.
Dann würde es aber in sehr naher Zukunft nicht mehr so viele Flüge ab Zürich geben. Wir leben davon, dass wir investieren können. Wir leisten ab diesem Jahr Rekordinvestitionen in neue Flugzeuge, in neue Produkte für unsere Kunden. Dieses Geld müssen wir auch verdienen. Die Erwartungshaltung kann nicht sein, dass wir mehr Geld investieren, als wir verdienen.
Sie dominieren den Flughafen Zürich, halten die Billigairlines auf Distanz und profitieren von der hohen Schweizer Kaufkraft. Schröpfen Sie die Schweizerinnen und Schweizer?
Nein. Es ist immer ein Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage. Wir sehen, dass die Nachfrage in die Schweiz und aus der Schweiz zu fliegen, gross ist. Und ja, die Schweiz ist ein guter Markt, ein kaufkräftiger Markt. Von daher spiegeln die Preise schon ein Stück weit die Kaufkraft wieder. Wir wollen das Fliegen aber bezahlbar lassen. Der Druck auf die Ticketpreise wird in den nächsten Jahren steigen. Wir haben erhöhte Abgaben in Form von Gebühren für die Flugsicherung oder für die Umwelt, die auf uns zukommen. Wir tun, was wir können, um die Preise so bezahlbar zu lassen, wie möglich.
Wir sehen, dass die Nachfrage in die Schweiz und aus der Schweiz zu fliegen, gross ist.
Sind Swiss-Flüge ab Genf günstiger, weil dort die Konkurrenz der Billig-Airlines grösser ist?
Das stimmt zu einem Teil. Das Angebot aus Zürich ist aber natürlich auch ein anderes. Sie können mit uns von hier aus weltweit direkt in die grössten Städte der Welt fliegen. Da tun wir uns in Genf deutlich schwerer.
Im vergangenen Jahr waren nur 65 Prozent der Flüge der Swiss pünktlich. Warum kommt es zu Verspätungen?
Die Fliegerei ist ein hochkomplexes System. Nach Corona ist dieses etwas aus der Balance geraten. Es gibt viele Facetten: Ersatzteile, die fehlen, Triebwerke, die nicht zur Verfügung stehen, überfüllte Lufträume, weil die Passagierzahlen nach der Pandemie wieder stark gestiegen sind. Ungefähr zwei Drittel von unseren Verspätungen sind fremdverschuldet, ein Drittel liegt bei uns. Wir arbeiten eng mit dem Flughafen zusammen, mit dem Luftraum, mit der Flugsicherung Skyguide und schauen, wie wir das Gesamtsystem verbessern können.
Sie sind auch Pilot. Werden Sie auch bei der Swiss ins Cockpit steigen?
Das wäre mein Wunsch! Momentan konzentriere ich mich aber klar auf meine neue Rolle als CEO. Da habe ich auch nach fünf Monaten bei weitem nicht alle Facetten kennengelernt. Es ist aber schon mein Ziel und ehrlicherweise auch meine Überzeugung, dass man mich eines Tages auch im Cockpit antreffen wird.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.