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Die Unteren schauen gerne auf die Reichsten
Aus Echo der Zeit vom 29.11.2024. Bild: Lucia Theiler
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Bilanz-Ranking 2024 Die Reichen – eine Sonderform von Klatsch und Tratsch

Die Welt der Reichen hat mit dem Leben der meisten nichts tun. Die Rangliste könnte uns also egal sein. Und dennoch ist die Reichen-Ausgabe die meistverkaufte «Bilanz» Jahres. Warum bloss?

Wer hat wie viel Vermögen gewonnen, wer hat Geld verloren? Das interessiert uns als Medienkonsumenten, weil es eine andere Form von Klatsch und Tratsch ist. Es ist wie ein Blick durchs Schlüsselloch auf ein anderes gesellschaftliches Parkett. Es geht also um Voyeurismus. 

Doch entsteht dabei nicht das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, nicht dazuzugehören? Ja und nein, sagen Soziologen. «Wir bewegen uns immer in Referenzgruppen», erklärt Katja Rost von der Universität Zürich.

Der Mensch ist ein Status-Maximierer
Autor: Katja Rost Soziologin, Universität Zürich

Das heisst: Wir als Menschen definieren und suchen Gruppen, zu denen wir gehören und die sich von anderen unterschieden.

Bei den 300 Reichsten sei für die meisten Normalverdienenden klar, dass sie nicht zu dieser Gruppe gehören. Daher kommt bei den meisten auch kein Neid auf, kein schlechtes Gefühl, denn die Gruppe ist weit weg. Etwa so wie die Welt von Stars und Sternchen. Es geht um Unterhaltung.

Verklärte Orientierung nach oben

Doch warum interessieren ausgerechnet die Reichsten? Und nicht einfach andere Menschen? Ärmere, oder einfach die Nachbarn? «Der Mensch ist ein Status-Maximierer», sagt Katja Rost.  Wir könnten nicht anders, als uns sozial nach oben zu orientieren. «Nach oben ist für uns der interessantere Vergleich», sagt sie.

eine Damen trägt Lederhandschuhe und Goldschmuck
Legende: Eine Liga für sich Die 300 Reichsten sind eine Gruppe für sich, auf die wir als Mediennutzende mit einem voyeuristischen Blick schauen. Keystone/GAETAN BALLY

Genau das kritisiert der Basler Soziologe Ueli Mäder. Reichtum werde in der Schweiz oft inszeniert, überhöht und verklärt dargestellt. In Medien werde das Bild vermittelt, wonach Reiche ihre Vermögen aus alleiniger Kraft geschaffen hätten. Reiche würden ideologisiert.

Es klopfen sich Leute auf die Schulter für Verdienste, die eigentlich nicht ihnen gehören
Autor: Ueli Mäder Soziologe

Dabei gehe Reichtum oftmals einher mit Erben und mit der Entwicklung an Kapitalmärkten. Die Herkunft der Vermögen und Verteilungsfragen würden ausgeblendet. «Es klopfen sich Leute auf die Schulter für Verdienste, die eigentlich nicht ihnen gehören», sagt Mäder.

Das Bild der strebsamen Reichen zementiere Diskrepanzen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Das frühere liberale Verständnis von Ausgewogenheit sei am Schwinden, so Mäder.

So entsteht die Reichen-«Bilanz»

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Für die Sonderausgabe der «Bilanz» arbeiten rund 30 Journalistinnen und Journalisten. Die Recherchen beginnen bereits im Sommer. Alle Reichen werden jeweils persönlich kontaktiert. Die meisten reagierten aber kaum auf Anfragen, sagt Erik Nolmans, stellvertretender Chefredaktor der «Bilanz».

Dabei gebe es Reiche, die glaubwürdig argumentierten, warum bei ihnen der Persönlichkeitsschutz verletzt würde. In diesen Fällen werde auf eine Publikation verzichtet. Gerichtsprozesse sind äusserst selten.

Es gibt aber auch Personen, die unbedingt auf die Liste wollen. Oftmals seien dies Personen, die in der Vermögensverwaltung arbeiteten und deren persönlicher Reichtum Teil ihrer PR-Strategie sei. «Bei solchen Offensiven ist besondere Vorsicht geboten», sagt Nolmans.

Und dennoch hätte die Sonderausgabe der «Bilanz» eine wichtige Funktion. «Es wird transparent, wie viel Geld vorhanden und wie Reichtum verteilt ist», so Mäder. Je nachdem, wie man diese Berichte liest, findet man also wirtschaftspolitische Auslegeordnungen – oder Klatsch und Tratsch.

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Echo der Zeit, 29.11.2024, 18 Uhr

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