So richtig Sommer werden will es in diesem Jahr nicht. Auch Ende Juli zeigt sich das Wetter noch von seiner unbeständigen Seite. Traut sich die Sonne mal hinter den Wolken hervor, ist sie spätestens am nächsten Tag wieder Geschichte. Das regenreiche Wetter verdirbt nicht nur jenen Sonnenhungrigen den Sommer, die ihre Ferien im Süden verbringen können, sondern auch den hiesigen Bauern.
Die lange Schlechtwetterphasen mit viel Regen im ersten Halbjahr setzten den Obst-, Gemüse- und Getreidekulturen in der Schweizer Landwirtschaft zu. Das viele Nass war der perfekte Nährboden für allerlei Krankheiten, mit denen die Landwirte zu kämpfen haben. So auch Manfred Wolf. Der Biobauer aus dem Seeland hat im Gegensatz zu anderen Jahren heuer bereits zum zweiten Mal Kartoffeln gesetzt. Zu gross waren die Ausfälle bei der ersten Tranche im Frühling, rund 40 Prozent betrug der Verlust bei den Frühjahrskartoffeln.
Um die Ernte wenigstens teilweise zu retten, musste Bauer Wolf seine Pflanzen chemisch behandeln und setzte dafür Kupfer ein. Denn die Verwendung von kupferbasierten Pflanzenschutzmittel ist auch im Bioanbau erlaubt. Bei Kartoffeln sind es üblicherweise bis zu vier Kilogramm pro Hektare. Kupfer ist bei den Bauern beliebt. Es nicht nur günstig, sondern auch gegen einige der gängigsten Krankheiten einsetzbar: Kraut- und Knollenfäule bei den Kartoffeln, falscher Mehltau bei den Weinreben.
«Ohne Pflanzenschutzmittel hätten wir unsere Ernte nicht retten können», erklärt Manfred Wolf. «Auch beim Kupfer gilt: Es ist eine Frage der Menge, die eingesetzt wird.» Die Kupfermengen, die im Bioanbau verwendet werden, seien bedenkenlos, so der Bauer weiter.
Dennoch plädiert Robert Finger, Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich, für eine deutliche Reduktion von Pflanzenschutzmittel auf Kupferbasis, denn: «Kupfer bleibt sehr lange im Umweltsystem. Ausserdem wirkt es toxisch, beispielsweise auf Wasserorganismen.» Auch der Bund stuft Kupferverbindungen als erhöhtes Risiko ein. Rückstände des Elements sind zwar nicht in der Pflanze selbst, aber im Boden nachzuweisen.
Neue Sorten sollen Abhilfe schaffen
Die Lösung des Problems sieht Professor Finger in der Züchtung von pilzresistenteren Sorten. Auch für Hans-Jakob Schärer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) scheint dieser Ansatz vielversprechend: «Die Züchtung von resistenteren Sorten ist eines der wichtigsten Instrumente, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren zu können.» Die Entwicklung von neuen Sorten dauere aber viele Jahren und müsse vielen verschiedenen Ansprüchen gerecht werden.
Daher wird gegenwärtig nicht nur an neuen Sorten, sondern auch an alternativen Pflanzenschutzmitteln geforscht. Denn ohne diese Mittel lässt sich kaum rentabel produzieren. Die Ernteausfälle und damit die finanziellen Verluste bei einem vollständigen Verzicht auf Pflanzenschutzmittel wären beträchtlich.
«Am Ende müssen wir auch unsere Rechnungen bezahlen können», bringt Biobauer Manfred Wolf das Dilemma auf den Punkt. Er sei Unternehmer und müsse auch seine Angestellten für ihre Arbeit entlöhnen. Und dafür braucht es bislang Pflanzenschutzmittel – auch im Bioanbau.