Die Geschichte kommt daher wie aus einem Film: Ein Schweizer Triathlet tüftelt zusammen mit zwei Freunden an der Verbesserung seiner Laufschuhe. Bald gründen die drei eine Firma und entwickeln eigene Schuhe unter einer eigenen Marke: On. Zehn Jahre später gehen sie mit On in New York an den Aktienmarkt. Und der bewertet den noch kleinen Schuhhersteller aus der Schweiz mit 11 Milliarden Dollar.
Start geglückt
Nun finden sich Beobachter, die warnen: Die On-Aktien seien damit zu hochgeklettert. Gerade angesichts noch mickriger Gewinne, die erst kurz vor Börsengang überhaupt erstmals gesprudelt sind. Oder sie monieren, der Börsenwert sei anderthalbmal bis doppelt so hoch wie in den Tagen und Monaten vor dem Börsengang erwartet.
Fakt ist: Der richtige Wert einer Aktie, auch jener von On, liegt am Tag X genau bei jenem Preis, zu dem sie gerade gehandelt wird. Der heutige Preis basiert auf den verfügbaren Informationen, den aktuellen kollektiven Erwartungen – manchmal auch auf Hypes und Herdenphänomenen.
Keine Hinweise auf künftige Entwicklung
Am Tag X überbewertet kann eine Aktie so gesehen gar nicht sein: Der Aktienpreis müsste eigentlich immer den richtigen aktuellen Wert zeigen, so wie das Thermometer die richtige aktuelle Temperatur zeigt. Allerdings: So wie die aktuelle Temperatur keine Rückschlüsse erlaubt, ob es morgen kälter oder wärmer wird, liefert die aktuelle Aktienpreis-Bewertung keine Hinweise auf die künftige Entwicklung.
Wohin sich die On-Aktien entwickeln, ist also völlig offen, auch nach der höchst erfolgreichen Börsenpremiere. Wie die Geschichte des Unternehmens der drei reich gewordenen Gründer aus der Schweiz weitergeht, ebenso.
Hält der Börsenhype an?
Wer auf steigende Kurse wettet, der glaubt an die schöne Fortsetzung der Geschichte: On gelingt es, Umsatz und Marktanteil in etwa in bisherigem Tempo weiter zu steigern – sprich: alle 10 Monate zu verdoppeln. Statt rund 1 Milliarde Umsatz wären es in paar Jahren vielleicht 10 Milliarden. Statt einem Prozent Anteil wären es irgendwann zehn Prozent Anteil an einem globalen 100-Milliarden-Markt für Lauf- und Lifestyle-Schuhe. On gelingt es, für sein sehr günstig herzustellendes Produkt Schuh, weiterhin Premium-Preise zu verlangen. Und die sinkenden Preise bei wachsenden Stückzahlen sorgen für steigende Gewinne, für Milliardengewinne, irgendwann.
Wer künftig tiefere Kurse erwartet, sieht eine ungünstigere Variante der Geschichte: On gelingt es nicht, das bisherige Wachstumstempo beizubehalten. Der Hippness-Faktor nimmt ab, was gerade in der Modebranche ein gängiges Phänomen ist. Neue Labels mit noch mehr Finanzkraft könnten auftauchen – und das Wachstum der Schweizer verlangsamen.
Welche Geschichte zur Realität wird – oder ob es ganz anders kommt: Niemand weiss es. Und die Antwort auf die Frage, wie viel die On-Aktie tatsächlich wert ist, lapidar: So viel, wie heute für sie bezahlt wird.