Lange hat Peter Spuhler die Öffentlichkeit im Ungewissen darüber gelassen, ob er sein Eisenbahn-Unternehmen Stadler Rail an die Börse bringt oder ob er die Eigenständigkeit höher wertet.
Nun hat sich Spuhler für eine Öffnung entschieden. Er will einen Teil seiner Aktien mit anderen Investoren teilen und so die Eigentümerschaft des Unternehmens breiter abstützen. Und auch allfällige Risiken.
Erhofftes Umsatzwachstum
Das erscheint sinnvoll mit Blick auf das rasante Wachstum der vergangenen Jahre und auf den anstehenden Wachstumssprung, den Spuhler verspricht: Bis 2020 soll der Umsatz auf 4 Milliarden Franken verdoppelt werden. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt.
Der Börsengang dient nicht dazu, neues Kapital zu beschaffen, denn es werden keine neuen Aktien herausgegeben. Stalder Rail ist gut finanziert, auch Übernahmen liegen drin.
Sichtbarer werden
Dereinst könnte es zwar eine Option sein, neues Geld via Börse einzusammeln. Die erforderlichen Strukturen wären dann bereits vorhanden. Doch das steht beim Börsengang gegenwärtig nicht im Vordergrund. Vielmehr will Spuhler sein Unternehmen international sichtbarer machen.
Stadler Rail ist zwar ein erfolgreiches Bahn-Unternehmen, aber ein vergleichsweise kleines. Peter Spuhler selbst pflegt ja bewusst das Image von Stadler als einem kleine, agilen Thurgauer Familienunternehmen.
Transparenz verlangt
Will Stadler Rail nun aber zu den Grossen der Branche aufrücken, dann braucht es mehr. Vor allem mehr Transparenz. Potenzielle Kunden wollen genau wissen, welchem Unternehmen sie einen Auftrag anvertrauen. Mit einem Börsengang wird diese Transparenz garantiert. Stadler Rail muss künftig viel von sich preisgeben.
Eine Börsenkotierung kann eine Art Qualitätsmerkmal sein und dem Image des Unternehmens dienen. Ein Unternehmen, das «Börsen-fähig» ist, gilt namentlich im angelsächsischen Raum als erfolgreich. Das Label «An der Schweizer Börse kotiert» kann durchaus Kunden beeindrucken. Oder potenzielle Fachkräfte, die das Thurgauer Familienunternehmen noch nicht auf ihrem Radar hatten.
Der Börsengang von Stadler Rail könnte ein erfolgreicher werden – wenn die Konditionen und der Zeitpunkt stimmen. Denn die Wachstumschancen bleiben intakt. Viele so genannte Mega-Trends spielen dem Bahn-Unternehmen in die Hand: das Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung, das zunehmende Umweltbewusstsein.
Spuhler bleibt vorerst
Trotz Öffnung: Der 60-jährige Patron Peter Spuhler will die Kontrolle über sein Unternehmen nicht aufgeben. Er will weiterhin mindestens 40 Prozent der Aktien halten – und der wichtigste Aktionär des Unternehmens bleiben. Das garantiert Kontinuität. Vorerst. Als börsenkotiertes, breiter aufgestelltes Unternehmen könnte Stadler Rail dereinst aber auch einen allfälligen Rückzug von Peter Spuhler wohl einfacher verarbeiten.