Das Zürcher Unternehmen South Pole kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nach einem aktuellen Artikel im US-Magazin «New Yorker», der sich auf eine Recherche von SRF , «Follow the Money» und «Die Zeit» stützt, hat die Zertifizierungsstelle Verra verkündet , das Vorzeigeprojekt von South Pole – Kariba REDD+ – per sofort auszusetzen, um den Vorwürfen nachzugehen.
Bei Kariba REDD+ handelt es sich um eines der grössten CO2-Kompensationsprojekte der Welt. Mit dem Waldschutzprojekt in Simbabwe haben Firmen wie Gucci, Nestlé oder Volkswagen freiwillig ihre Emissionen kompensiert, um sich selbst mit dem Label «klimaneutral» zu schmücken.
Das Projekt, das wesentlich für den Erfolg des Milliardenunternehmens South Pole verantwortlich ist, kam in den letzten Monaten vermehrt in die Kritik. So berichtete «10vor10», dass nur ein Bruchteil des Geldes wirklich vor Ort in Simbabwe nachgewiesen werden konnte.
Und der SRF-Podcast « Klimahandel » deckte auf, dass das Projekt zum einen lokale Jäger kriminalisiert, dass aber gleichzeitig auf dem Kariba-Projektgebiet bezahlte Trophäenjagd stattfindet – obwohl den Kunden versprochen wurde, die Elefanten zu schützen. Davon profitiert auch der Kariba-Projektinhaber in Simbabwe, welcher die Jagdrechte verwaltet. Recherchen des «New Yorker» bestätigen dies.
Auf Anfrage schreibt Verra, man sei «äusserst verstört» von den Vorwürfen und man werde diese mit aller Gründlichkeit untersuchen. Insbesondere die neuen Informationen über das Verteilungsmodell des Geldes sowie über die Trophäenjagd auf dem Projektgelände hätten sie zum Einschreiten gebracht. Die Zertifizierungsstelle Verra, welche die meisten solcher Waldschutzprojekte betreut, setzt Projekte nur in sehr gravierenden Fällen aus.
Welche Konsequenzen das für South Pole und das Kariba-Projekt hat, hängt von den Resultaten der Untersuchung ab. Bis dahin dürfen keine Zertifikate generiert und verkauft werden. Falls sich die Vorwürfe belegen lassen, dass sich ein Teil der verkauften Kompensationszertifikate als ungültig erwiesen haben, müssen diese mit Zertifikaten aus anderen Projekten kompensiert werden.
Restrukturierung bei South Pole
South Pole schreibt auf Anfrage, man nehme die Untersuchung von Verra zur Kenntnis und werde diese dabei voll unterstützen. Ausserdem würde man «angesichts der neuen Informationen, die über das Projekt gemeldet wurden», auch South Poles Rolle im Projekt «aktiv überprüfen.»
Nach den Berichten über die problematischen Zustände beim Kariba-Projekt wie auch bei der South-Pole-Führung generell distanzierten sich zahlreiche Kunden davon. Die Zertifikatspreise des Projektes sanken um ein Vielfaches. Die Kritik am freiwilligen Kompensationsmarkt wurde derweil immer lauter.
Die mutmasslichen Verfehlungen haben offenbar auch wirtschaftliche Folgen, wie neue Recherchen von SRF und «Follow the Money» zeigen. So verkündete South Pole letzte Woche intern, dass man wegen «einer grossen Umstrukturierung» einen Fünftel des Personals entlassen müsse.
Dazu bekamen zahlreiche Mitarbeitende eine Mail mit der Aufforderung, sich freiwillig für den Personalabbau zu melden. Dies bestätigen mehrere, voneinander unabhängige Quellen. South Pole selbst will sich dazu nicht äussern und schreibt: «Wie jedes Unternehmen bewerten wir regelmässig anhand der Marktdynamik und Nachfrage, ob unser globales Team nachhaltig strukturiert und besetzt ist.»