Sie füllen in Supermärkten Gestelle auf, arbeiten auf dem Bau oder helfen in Pflegeheimen aus: Allein in Europa sind rund 15’000 Piloten und Pilotinnen arbeitslos oder davon bedroht, rechnet der europäische Pilotenverband Eurocockpit vor.
Am härtesten traf es jene, die auf Abruf arbeiten. Das ist in Europa jeder fünfte Pilot. Lohn gebe es in den «Zero hours contracts» nur, wenn man fliege, erklärt Otjan de Bruijn, Sprecher von Eurocockpit: «Der Lohn ist nicht so schlecht, wenn man voll fliegt, aber es gibt absolut keine Sicherheit.»
Otjan de Bruijn hat als altgedienter Pilot einen normalen Arbeitsvertrag – sein Arbeitgeber KLM hat ihm vorerst nur den Lohn um ein Viertel gekürzt. Schlechter erging es Janis Schmitt. Der jüngere Pilot ist Sprecher des deutschen Pilotenverbandes VCockpit. Schmitts Fluggesellschaft hat Konkurs angemeldet und alle Angestellten entlassen: «Wir sind daran, uns auf dem Arbeitsmarkt umzuorientieren.»
Wenn Piloten fürs Fliegen bezahlen
Die Krise überstanden hat Janis Schmitt schon einmal, als er als junger Pilot kurz nach den Terroranschlägen von 9/11 erstmals Arbeit im Cockpit suchte. Jetzt befürchtet er, dass die Fluggesellschaften wie damals den Spiess umdrehen könnten:
Tausende Piloten aber wollen und müssen fliegen, schon alleine wegen des Lizenzerhalts.
«Es gab sogenannte Pay-to-fly-Angebote von Airlines: Wer ein grosses Verkehrsflugzeug fliegen und Erfahrungen sammeln wollte, konnte das tun, musste aber dafür bezahlen.» Wie damals seien die Kassen leer – tausende Piloten aber wollten und müssten fliegen, schon allein wegen des Lizenzerhalts, sagt Schmitt.
Bittere Pille für den Nachwuchs
Besonders schwierig ist die Lage für Flugschüler und -schülerinnen. Die Flugschulen der grossen Airlines haben ihre Ausbildungen unterbrochen. Bei der Lufthansa-Gruppe wissen 700 Pilotenschüler nicht, wie es weitergeht.
Die Chance auf einen Job im Cockpit ist zurzeit gleich Null.
Viele private Flugschulen bilden weiterhin aus. Etwa Horizon, die zu Helvetic Airways gehört. Einen Job im Cockpit zu finden, sei im Moment ziemlich chancenlos, gibt Horizon-Chef Ron Teichmann zu: «Das sage ich jenen, die die Ausbildung beginnen oder vor dem Abschluss stehen: Die Chance auf einen Job im Cockpit ist zurzeit gleich Null.»
Erfahrene stehen bereits an
Null Jobaussicht, und für Flugschulabgänger wird es auch nach überstandener Coronakrise kaum schnell besser. Und zwar, weil Tausende von jetzt arbeitslos gewordenen Piloten den Jungen den Platz im Cockpit in Zukunft streitig machen würden, sagt Janis Schmitt: «Da wird es sehr schwer für junge Leute, sich gegen Erfahrene mit Tausenden von Flugstunden durchzusetzen.»
Die Airlines schrumpfen weltweit um 20 bis 40 Prozent und brauchen entsprechend weniger Piloten in den nächsten Jahren.
Auch Otjan de Bruijn glaubt, dass das Pilotenangebot die Nachfrage für Jahre übersteigen wird: «Die Airlines bereiten sich auf eine neue Welt vor, in der viel weniger geflogen wird. Sie schrumpfen überall auf der Welt um 20 bis 40 Prozent und brauchen entsprechend weniger Piloten in den nächsten Jahren.»
Ratsam: ein Plan B
Zwar sei der Pilotenberuf immer noch spannend, sobald die Cockpit-Türe zu sei, sagt Thomas Steffen, Pilot in Kurzarbeit bei Swiss und Sprecher des Pilotenverbandes Aeropers: «Heute wird aber allen klar, dass die Abhängigkeit von äusseren Faktoren sehr gross ist, und dass eine Jobsicherheit in der Luftfahrt nicht gegeben werden kann.
Wir haben unsere Mitglieder schon früh darauf hingewiesen, dass ein zweites Standbein sinnvoll ist.
Deshalb haben wir als Pilotenverband unsere neuen Mitglieder schon früh darauf hingewiesen, dass ein zweites Standbein sinnvoll ist. Dass man studiert und im Notfall bereit ist, sich eine andere Arbeit sichern zu können.»