Die Flugzeuge von Easyjet standen während fast drei Monaten am Boden. Mitte Juni ging der Flugbetrieb zwar wieder los, er sei aber bis heute nicht richtig in Schwung gekommen, sagt Thomas Haagensen, der Chef von Easyjet Schweiz: «Es gibt den Willen, wieder zu reisen. Unsere Kunden buchen auch schon für nächsten Sommer. Aber kurzfristig ist die Nachfrage – besonders für Länder, die auf der Quarantäneliste sind – nicht sehr gross.»
Und nun kommen Herbst und Winter, das sind grundsätzlich harte Monate. Auch zu normalen Zeiten wird dann wenig geflogen. Wegen der Einreisebestimmungen dürften dieses Jahr nun selbst die Städtereisen ins Wasser fallen: «Wir müssen sehr konservativ sein. Wir können es uns einfach nicht leisten, Flüge zu haben, wo wir noch mehr Geld verlieren», so Haagensen.
Noch im August ging Easyjet davon aus, den Flugverkehr schrittweise wieder hochfahren zu können. Bis Ende September sollten es rund 40 Prozent der Flüge sein, verglichen mit dem Vorjahr. Doch diese Prognose ist bereits überholt: Easyjet reduziert sein Angebot wieder. Gleiches haben auch andere Fluggesellschaften angekündigt – zuletzt auch die Swiss.
Die Verluste so klein wie möglich zu halten, ist das Credo aller Fluggesellschaften. Einer der grossen Kostenblöcke ist das Personal. Viele der rund 1000 Easyjet-Angestellten in der Schweiz haben immer noch Kurzarbeit. Aber auch ein Stellenabbau sei nicht ausgeschlossen, je nach dem, wie lange die Krise noch dauere, so der Easyjet-Chef: «Wir müssen die Flotten anpassen und natürlich auch die Besatzungen. In der Schweiz sind wir noch im Prozess.»
Grösse des Stellenabbaus noch unklar
Easyjet hat bereits im Frühsommer angekündigt, im Personalbereich 30 Prozent zu sparen. Werden demzufolge auch in der Schweiz 30 Prozent der Stellen gestrichen? Das wären gut 300 Angestellte. «Wir haben gesagt, dass es in Europa bis zu 30 Prozent sein könnten. Wir müssen uns alle Märkte individuell anschauen und die Pläne noch entwickeln. Das machen wir im Moment in der Schweiz», antwortet Haagensen.
Die Gewerkschaft VPOD vertritt das Kabinenpersonal von Easyjet und bestätigt, dass Verhandlungen über einen Sozialplan im Gang seien. Wann die Angestellten mehr Klarheit haben, wie es weiter geht, wollen – oder können – beide Parteien derzeit nicht bekannt geben.
Keine staatliche Unterstützung für Easyjet
Eine aktuelle Analyse des internationalen Luftfahrtverbandes zeigt, dass rund der Hälfte der Fluggesellschaften spätestens in sechs Monaten das Geld ausgeht. Die Easyjet-Gruppe gehört zur anderen Hälfte: Das Unternehmen hat sich schon im Frühling neues Kapital besorgt. Die Tochtergesellschaft Easyjet Schweiz hätte gerne ein staatliches Hilfspaket der Eidgenossenschaft beansprucht, so wie das der Swiss gewährt wurde. Sie ging jedoch leer aus.
Auch ein Covid-Kredit wurde nicht gewährt. Das Finanzdepartement schreibt auf Anfrage von SRF, dass das finanzielle Polster der britischen Muttergesellschaft ausreichen sollte, um auch Easyjet Schweiz versorgen zu können. Trotzdem ärgert sich Haagensen über diese Ungleichbehandlung. Er befürchtet eine Wettbewerbsverzerrung.
In der Tat sind die staatlichen Hilfsmassnahmen zugunsten der taumelnden Fluggesellschaften beträchtlich: Bislang wurden über 160 Milliarden Dollar seitens der Staaten zugesichert. Und der grösste Teil davon kommt den traditionellen Fluggesellschaften zugute.